Fülszöveg
Der Band „Studien zur Literatur" ver-
eint eine Auswahl von Essays und kürze-
ren Reflexionen zu literarischen Themen,
die György Sebestyén zwischen i960 und
1980 verfaßt hat. Sie bilden einen charak-
teristischen und oft genug eigenwilligen
Beitrag zur Literaturgeschichte und zur
Kulturphilosophie des späten 20. Jahr-
hunderts. Sie bieten zugleich Einsicht in
die Werkstatt eines bedeutenden Schrift-
stellers, der auch in seinem epischen
Werk den Versuch unternimmt, die ra-
tionalistische Haltung der Aufklärung
mit den magisch-mythischen Inhalten
des europäischen Denkens zu verbinden.
Sebestyén bekennt sich zum subjekti-
ven Impuls seiner Studien: ,,Seit der
Kindheit studiere ich Literatur. Nichts
war mir wichtiger als die zur Schrift ge-
wordene Welt. Sie entsprach dem
Wunschtraum, alles Erlebbare zu erle-
ben, ohne sich der mit solcher Kühnheit
verbundenen Lebensgefahr zu stellen.
Die treibenden Kräfte dieser Studien zur
Literatur waren offenbar die Lust...
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Fülszöveg
Der Band „Studien zur Literatur" ver-
eint eine Auswahl von Essays und kürze-
ren Reflexionen zu literarischen Themen,
die György Sebestyén zwischen i960 und
1980 verfaßt hat. Sie bilden einen charak-
teristischen und oft genug eigenwilligen
Beitrag zur Literaturgeschichte und zur
Kulturphilosophie des späten 20. Jahr-
hunderts. Sie bieten zugleich Einsicht in
die Werkstatt eines bedeutenden Schrift-
stellers, der auch in seinem epischen
Werk den Versuch unternimmt, die ra-
tionalistische Haltung der Aufklärung
mit den magisch-mythischen Inhalten
des europäischen Denkens zu verbinden.
Sebestyén bekennt sich zum subjekti-
ven Impuls seiner Studien: ,,Seit der
Kindheit studiere ich Literatur. Nichts
war mir wichtiger als die zur Schrift ge-
wordene Welt. Sie entsprach dem
Wunschtraum, alles Erlebbare zu erle-
ben, ohne sich der mit solcher Kühnheit
verbundenen Lebensgefahr zu stellen.
Die treibenden Kräfte dieser Studien zur
Literatur waren offenbar die Lust und die
Angst'.'
Das Buch ist in fünf Abschnitte geglie-
dert. ,,Versuche" bieten Abhandlungen
u.a. über einen Satz von Karl Marx, über
Theaterkritik, Buchhandel, Mäzenaten-
tum, über Maskierung, Humor und über
Urbanität. Unter dem Titel ,,Ausblicke"
sind Aufsätze über griechische Mytholo-
gie, Shakespeare, Poe, Strindberg, Ana-
tole France, Jack London, Apollinaire,
Faulkner, Carson McCullers, Isaac Bashe-
vis Singer, Solschenizyn, afrikanische Ly-
rik, usw. vereint. Hier stehen auch Sebe-
styéns Studien über Ferdinand Raimund,
Grillparzer, Hofmannsthal und Herzma-
novsky-Orlando.
Für den Literaturfreund und -forscher
wichtiges Material bietet der Abschnitt
,,Zeitgenossen", in dem Sebestyén u. a.
Erlebnisse und Erinnerungen wiedergibt.
(Fortsetzung auf hinterer Klappe)
Er behandelt das Werk von Gütersloh,
Csokor, Doderer, Saiko, Lernet-Holenia!
Urzidil, Zuckmayer, Ernst Fischer, Robert
Neumann und Gerhard Fritsch, doch
werden hier auch Essays über lebende
Autoren wie z. B. Ernst Jünger, Max
Frisch, Fritz Hochwälder, Herbert Eisen-
reich und Thomas Bernhard vorgelegt.
Ein eigener Teil,,,Ungarische Poeten'',
bietet Sebestyéns Studien über bedeuten-
de, auch im deutschen Sprachraum be-
kannte Autoren wie Krúdy, Molnár, Mó-
ricz, Németh, Örkény und Illyés. Neben
diesen werden auch einige im Ausland
weniger bekannte ungarische Schriftstel-
ler berücksichtigt.
Schließlich vereint das Buch unter dem
Titel „Zettelwirtschaft" spontane Auf-
zeichnungen, wie Sebestyén in seinem
Vorwort schreibt: ,,Ideen, Einfälle, auch
flüchtige Notizen, die als Denkhilfe oder
als Ausgangspunkt für künftige, umfang-
reichere Versuche dienen sollten, aber
nun keinen anderen Nutzen mehr haben
als den einen: den Prozeß des Nachden-
kens . . . skizzenhaft darzustellen."
Ein Namensregister bietet der For-
schung und den Studierenden die Mög-
lichkeit, die Zusammenhänge innerhalb
des weitverzweigten Werkes festzuhalten
und das Buch zugleich als Nachschlage-
werk zu benützen.
Die ,,Studien zur Literatur" von Györ-
gy Sebestyén ermöglichen dem an der
Kulturgeschichte der Gegenwart interes-
sierten Leser, das literarische Leben der
Zeit, ihre Protagonisten, ihre Produkte
und ihre Arbeitsprozesse näher zu be-
trachten. Die gegen jede dogmatische Sy-
stematisierung gerichtete, nachdenkliche
Subjektivität des Verfassers umreißt den
charakteristischen Standort eines denken-
den, sich in der Kunst des analytischen
Gedankenspiels übenden Europäers.
Vissza