Fülszöveg
Lust und Unlust, das sind die beiden Pole, nach denen sich jedes Verhalten des Menschen orientiert. Wollust der Sinne und seelische Beglückung, die beiden wesentlichen Komponenten der Geschlechtsliebe, bilden darin einen, wenn auch einen schicksalbestimmenden Faktor. Schon der griechische Philosoph Epikur erkannte und sprach es aus, daß Wollust die allesvermögende Triebkraft unserer Art sei und sein müsse. Aber aus welchen Quellen fließen dem Menschen und der Menschheit jene Kräfte zu, die zur Entwicklung der individuellen Liebe zwischen Mann und Frau, der Kunst und der Kultur geführt haben? Im ersten Teil des vorliegenden Werkes stellt der Autor eine Analyse dessen an, was Lust an sich ist, wie sie entsteht und welche seelisch-körperliche Reaktionen sie auszulösen vermag. Die aristotelische These, wonach zwischen Geschlechtslust und Fruchtbarkeit kein so enger Zusammenhang bestünde, daß eines ohne das andere nicht möglich sei, wurde zwei Jahrtausende später von Sigmund Freud durch...
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Fülszöveg
Lust und Unlust, das sind die beiden Pole, nach denen sich jedes Verhalten des Menschen orientiert. Wollust der Sinne und seelische Beglückung, die beiden wesentlichen Komponenten der Geschlechtsliebe, bilden darin einen, wenn auch einen schicksalbestimmenden Faktor. Schon der griechische Philosoph Epikur erkannte und sprach es aus, daß Wollust die allesvermögende Triebkraft unserer Art sei und sein müsse. Aber aus welchen Quellen fließen dem Menschen und der Menschheit jene Kräfte zu, die zur Entwicklung der individuellen Liebe zwischen Mann und Frau, der Kunst und der Kultur geführt haben? Im ersten Teil des vorliegenden Werkes stellt der Autor eine Analyse dessen an, was Lust an sich ist, wie sie entsteht und welche seelisch-körperliche Reaktionen sie auszulösen vermag. Die aristotelische These, wonach zwischen Geschlechtslust und Fruchtbarkeit kein so enger Zusammenhang bestünde, daß eines ohne das andere nicht möglich sei, wurde zwei Jahrtausende später von Sigmund Freud durch die Erkenntnis bestätigt, daß selbst die sexuelle Lust nicht einzig über die Reizung des Genitals gewonnen werde. Damit ist nicht nur das enge Nebeneinander zwischen ,Normal' und ,Anomal' zu begründen, sondern daraus ergibt sich auch die Erklärung, wieso in jedem Menschen Neigungen zu Perversionen latent sind. Dem ,Normalen' gelingt es, sie ins Unterbewußtsein zu verdrängen, dem ,Anomalen' ist dies nicht gelungen. Der zweite Teil des Buches soll klarlegen, wie unsicher die Grenzen zwischen den Bereichen des Natürlichen und des Widernatürlichen verlaufen. Wer es wagt - aus welchen Gründen auch immer -, die in ihm ruhenden Wünsche zu widernatürlicher Lustgewinnung zu reaktivieren, begibt sich in die Gefahr, künftig lebenslang ,anders' zu sein als seine Mitmenschen. Das tragische Schicksal jener, die durch eine Laune oder einen Irrtum der Natur dazu verurteilt worden sind, möge zur Warnung davor dienen, jemals
aus Erlebnisgier oder Leichtfertigkeit Abgründe bloß- zulegen, die das Unterbewußtsein verbirgt. Aus solchen Erkenntnissen erwächst aber auch die Verpflichtung, endlich in den ,Perversen' hilfebedürftige, leidende und kranke Menschen - statt wie bisher Ungeheuer - zu sehen. Als faszinierendstes Ergebnis der vorliegenden Analyse muß es gelten, daß nachgewiesen wird, in welch bedeutendem Maße auch die über Perversionen gewonnene Wollust wesentliche Kräfte zur kulturellen Höherentwicklung der Menschheit beigetragen hat. Der dritte Abschnitt beleuchtet in Streiflichtern das Ringen des Menschen um Kultur und Liebeskultur, von der triebgelenkten Promiskuität bis zur Individualliebe. Es ist ein langer Prozeß gewesen, nicht ohne Rückschläge, und er ist keineswegs abgeschlossen. Noch leben Millionen von Menschen in quälender Geschlechtsnot, noch erfüllen lange nicht alle Ehen ihre Funktion als beglückende Liebesgemeinschaften, und noch wuchert die Prostitution gleich einem Krebsgeschwür unaustilgbar im Geschlechtsleben der Menschheit. Was ist an der gegenwärtigen Situation Ursache, was nur Symptom? Zahlreiche Probleme werden anhand der historischen Betrachtung, die bis in die Gegenwart reicht, sichtbar und auch verständlicher gemacht. Wo aber liegt der Ausweg aus dem Dilemma zwischen Triebhaftigkeit einerseits und Moral andererseits? All diese Fragen muß jeder Mensch für sich beantworten, weil das Leben sie jedem stellt. Der Autor beschränkt sich darauf, in den Dschungel von Verleumdung, Lüge, Intrige, Verlangen, Gier und Sehnsucht ein ordnendes Prinzip zu bringen und die Konstellation der einander entgegenwirkenden Kräfte klarzulegen. Das entscheidende Wort wird doch jeder für sich sprechen müssen, und in den Waagschalen seiner Entschlüsse liegen zwei ausschlaggebende Gewichte: Lust und Unlust.
Vissza