Schriftlicher Nachlass

Fülszöveg

Dürers Vorliebe, in fremde Länder zn reisen, stehe schon in den Sternen. So hat einer seiner Freunde über sein Horoskop gcurteilt. Tatsächlich ist Dürer ein großer Reisender gewesen. Seine Eindrücke hat er in seinen Tagebüchern und seinen Briefen niedergeschrieben. Aber auch, was ihn zu Hause bewegte, Freuden und Leiden, Sorgen und Mühen vertraute er ihnen an. Sie haben als unmittelbare Selbstzeugnisse deshalb nicht nur biographischen, sondern all-gemeinenkulturhistorischenWert. Das gleiche gilt für das wissenschaftliche Schrifttum, dem er sich mit heißem Bemühen widmete. Wollte man über Dürer, von Dürer aus gesehen, urteilen, müßte man die theoretischen Arbeiten in den Mittelpunkt stellen. Die Absicht der vorliegenden Auswahl ist es, die Begriffswelt des großen deutschen Renaissancekünstlers zu erschließen, eine Begriffswelt, deren Wurzeln im Streben nach Erweiterung der menschlichen Erkenntnis und in der rehgiösen Haltung liegen. Wie im Vorwort betont wird, ist die, der... Tovább

Fülszöveg

Dürers Vorliebe, in fremde Länder zn reisen, stehe schon in den Sternen. So hat einer seiner Freunde über sein Horoskop gcurteilt. Tatsächlich ist Dürer ein großer Reisender gewesen. Seine Eindrücke hat er in seinen Tagebüchern und seinen Briefen niedergeschrieben. Aber auch, was ihn zu Hause bewegte, Freuden und Leiden, Sorgen und Mühen vertraute er ihnen an. Sie haben als unmittelbare Selbstzeugnisse deshalb nicht nur biographischen, sondern all-gemeinenkulturhistorischenWert. Das gleiche gilt für das wissenschaftliche Schrifttum, dem er sich mit heißem Bemühen widmete. Wollte man über Dürer, von Dürer aus gesehen, urteilen, müßte man die theoretischen Arbeiten in den Mittelpunkt stellen. Die Absicht der vorliegenden Auswahl ist es, die Begriffswelt des großen deutschen Renaissancekünstlers zu erschließen, eine Begriffswelt, deren Wurzeln im Streben nach Erweiterung der menschlichen Erkenntnis und in der rehgiösen Haltung liegen. Wie im Vorwort betont wird, ist die, der Renaissance eigene,,,Entdeckung derWeltund des Menschen" bei Dürer nicht verbunden mit einer Abkehr von den christlichen Glaubenssätzen. Die Preisgabe der kultischen Funktion der Kunst bedeutet für ilin keine Preisgabe der religiösen Funktion: „Die Kunst ist nütz.
wenn Gott durch sie geehrt wird", so schreibt Dürer. Aufgenommen wurden Famihenchronik, Gedenkbuch, Tagebuch, rehgiöse Aufzeichnungen und Reime. Auch die Briefe wurden berücksichtigt. Bei der Fülle des kunsttheoretischen Materials mußte eine Konzentration auf die wesentlichsten Abhandlungen und Bruchstücke erfolgen. Kürzeren Auszügen aus den drei Büchern Dürers, der ,,Unterweisung der Messung", der „Befestigungslehre" und der „Proportionslehre" folgen jeweils ergänzende Stellen aus den Nürnberger, Dresdner und Londoner Handschriften. Der große ästhetische Exkurs und Teile der Entwürfe zu ihm sind, der besonderen Bedeutung wegen, gesondert zusammengefaßt worden. Ausschnitte aus dem geplanten enzyklopädischen "Werk über Malerei, genannt „Speis der Malerknaben", bilden den Schluß.Trotz des populärwissenschaftlichen Charakters, den die vorliegende Auswahl anstrebt, wurde auf die altertümliche Schreibweise nicht verzichtet. Ausführliche Anmerkungen erklären den Text und geben notwendige Hinweise für die historisch-gesellschaftliche und ästhetische Einordnung Dürers.
UNION VERLAG BERLIN
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