Fülszöveg
Eberhard Starusch, Studienrat und vierzig Jahre alt, lehrt an einem Gymnasium in West-Berlin Deutsch und Geschichte. Er hat einen Hackbiß von Natur aus und einen Unterkiefer, der von Gewalttaten träumt; er altert, hat Zahnschmerzen und einen Schüler, der vor dem Hotel Kempinski seinen Hund verbrennen will: die West-Berliner sollen endlich begreifen, wie ihre Schutzmacht in Vietnam Krieg mit Napalm führt. Es ist Januar 1967. Wenige Monate später werden die Studenten gegen die Welt der Erwachsenen demonstrieren. Die gesammelten Bedenken des Studienrats Starusch zeigen, wie brüchig diese Welt ist, wie sie zerfällt mit den Antworten auf die Fragen, die sein Schüler stellt. Einerseits hat der Studienrat Verständnis, ist voll Sympathie, andererseits fürchtet er die Folgen; einerseits wünscht er sich Veränderungen, die Tat, andererseits hat er wie jeder Erwachsene gelernt, vor den bestehenden Verhältnissen tagtäglich zu kapitulieren. Er ist gelähmt, er ist »örtlich betäubt«; er ist keine...
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Eberhard Starusch, Studienrat und vierzig Jahre alt, lehrt an einem Gymnasium in West-Berlin Deutsch und Geschichte. Er hat einen Hackbiß von Natur aus und einen Unterkiefer, der von Gewalttaten träumt; er altert, hat Zahnschmerzen und einen Schüler, der vor dem Hotel Kempinski seinen Hund verbrennen will: die West-Berliner sollen endlich begreifen, wie ihre Schutzmacht in Vietnam Krieg mit Napalm führt. Es ist Januar 1967. Wenige Monate später werden die Studenten gegen die Welt der Erwachsenen demonstrieren. Die gesammelten Bedenken des Studienrats Starusch zeigen, wie brüchig diese Welt ist, wie sie zerfällt mit den Antworten auf die Fragen, die sein Schüler stellt. Einerseits hat der Studienrat Verständnis, ist voll Sympathie, andererseits fürchtet er die Folgen; einerseits wünscht er sich Veränderungen, die Tat, andererseits hat er wie jeder Erwachsene gelernt, vor den bestehenden Verhältnissen tagtäglich zu kapitulieren. Er ist gelähmt, er ist »örtlich betäubt«; er ist keine Ausnahme in einer Gesellschaft, in der die örtliche Betäubung alltäglich ist.
»Grass schafft Räume, in denen Motive sich entwickeln, fallen gelassen werden und wieder aufgenommen werden können. Gleichnisse haben ihren Platz. Die heterogensten Schauplätze -Danzig und die Kaschubei, die Eifel mit ihrer Nähe zu Bonn, die Schlacht von Kursk, Berlin und Vietnam - sie alle sind porös, durchlässig, miteinander verbunden. Eine Welt entsteht, zwanglos beziehungsvoll in ihrem Chaos, gleichzeitig aber auf mirakulöse Weise ruhend. So schafft sich Starusch, der Erzähler, seine Welt im Zahnarzt-Stuhl, auf dem er, den Blick zum Fernsehschirm gewandt, dort Bilder und Erinnerungen abruft, imaginär oder beflügelt durch ein laufendes Programm.« Hans Schwab-Felisch, »Merkur«
Günter Grass wurde 1927 in Danzig geboren und lebt in Berlin. Veröffentlichungen: Die Vorzüge der Windhühner, 1956; Die Blechtrommel, 1959; Gleisdreieck, 1960; Katz und Maus, 1961; Hundejahre, 1963; Die Plebejer proben den Aufstand, 1966; Ausgefragt, 1967; Über das Selbstverständliche, 1968; Theaterspiele, 1970; Gesammelte Gedichte, 1971; Aus dem Tagebuch einer Schnecke, 1972; Mariazuehren, 1973; Der Bürger und seine Stimme, 1974; Der Butt, 1977; Denkzettel, 1978; Das Treffen in Telgte, 1979; Aufsätze zur Literatur, 1980; Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus, 1980.
Vissza