Fülszöveg
Loriots Großer Ratgeber
»Viele glauben, Loriot sei Franzose. Aber der Name täuscht. Loriot ist UrPreuße, Sproß eines alten Adelsgeschlechts, in Brandenburg an der Havel 1923 geboren. Der Name des witzigen Gentleman: Vicco von Bülow. Er wählte sein Pseudonym nach dem Wappentier der Bülows, dem Pirol. Auf französisch: Loriot. Nach dem Kriege wurde er in ein Dorf bei Göttingen verschlagen, betätigte sich als Holzfäller, um sich nach einem Jahr seiner guten Noten im Zeichnen zu erinnern. Mirko Szewczuk, der unvergessene Meister der spitzen Feder, half ihm in Hamburg weiter. Ais Loriot sein ulkiges Männchen aus der Taufe hob, hatte es noch keine Knollennase. Beim vielen Zeichnen rundete sich der>Gesichtserker< immer mehr ab. Gefragt, warum seine Männchen fast immer einander ähneln, sagte er: >lch finde es nicht wichtig, verschiedene Typen zu zeichnen, die Sonderfälle darstellen, sondern ich Iii! in der Zeichnung die Menschen schlechthin unter einen Hut bringen.< Loriot verläßt sich...
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Loriots Großer Ratgeber
»Viele glauben, Loriot sei Franzose. Aber der Name täuscht. Loriot ist UrPreuße, Sproß eines alten Adelsgeschlechts, in Brandenburg an der Havel 1923 geboren. Der Name des witzigen Gentleman: Vicco von Bülow. Er wählte sein Pseudonym nach dem Wappentier der Bülows, dem Pirol. Auf französisch: Loriot. Nach dem Kriege wurde er in ein Dorf bei Göttingen verschlagen, betätigte sich als Holzfäller, um sich nach einem Jahr seiner guten Noten im Zeichnen zu erinnern. Mirko Szewczuk, der unvergessene Meister der spitzen Feder, half ihm in Hamburg weiter. Ais Loriot sein ulkiges Männchen aus der Taufe hob, hatte es noch keine Knollennase. Beim vielen Zeichnen rundete sich der>Gesichtserker< immer mehr ab. Gefragt, warum seine Männchen fast immer einander ähneln, sagte er: >lch finde es nicht wichtig, verschiedene Typen zu zeichnen, die Sonderfälle darstellen, sondern ich Iii! in der Zeichnung die Menschen schlechthin unter einen Hut bringen.< Loriot verläßt sich nicht darauf, daß die Einfälle wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel aufs Papier schlagen. Vielmehr hat er sich darauf trainiert, seine Beobachtungen und Eindrücke so präzise und schnell zu assoziieren, daß am Ende einer langen Gedankenkette dann die Pointe steht. Ob ihm seine Frau und seine beiden Kinder bei der Arbeit helfen? >Nie<, erklärt Loriot und fügt mit Augenzwinkern hinzu: >Dafür wasche ich auch nicht ab.«< Hamburger Abendblatt
»Zeitkritik zu üben, gesellschaftliche Klischees zu entlarven, allgemeinmenschliche Torheiten anzuprangern: das sind heikle Unternehmungen, die repräsentativer Schirmherren bedürfen. Bei Loriot dürften Wilhelm Busch, Christian Morgenstern, George Grosz und Eugen Roth Pate gestanden haben, vor allem aber der 1913 verstorbene Düsseldorfer Satiriker Hermann Harry Schmitz.
Was Loriot indessen von allen eventuellen Vorläufern und möglichen Nachahmern unterscheidet, ist jenes »kleine Männchen<, das zu zeichnen ihm — wie er im Nachwort seines »Großen Ratgebers« gesteht — nach insgesamt etwa zwanzig Lehrjahren gelang. Dieses Geschöpf ist Träger der Loriotschen Idee, menschliche Verhaltensweisen in allen erdenklichen Lebenslagen - zu Lande, zu Wasser, in der Luft, en familie, auf Parties, im Ausland, beim Sport, beim Militär etc. — so abstrus wie möglich darzustellen und damit ad absurdum zu führen. Katastrophen werden nicht nur laufend provoziert, sie werden nach ihrem Eintreten nicht einmal als solche erkannt. Brennende Häuser, überflutete Räumlichkeiten, Flugzeugabstürze, Schiffsuntergänge, hoffnungslos im All kreisende Raketen — all das wird als durchaus normal und der menschlichen Existenz angemessenakzeptiert. Die den skurrilen Zeichnungen beigefügten wohlmeinenden Ratschläge des Autors dienen nicht etwa der Bewältigung einer verfahrenen Situation, sondern ihrer Verschärfung. Auf diese Weise entsteht eine Art bizarrer Logik, die Komik erzeugt, freilich eine Komik voll kohlrabenschwarzen Humors.« WDR
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