Lajos Kassák

Fülszöveg

Es ist sechs Monate her, dass das erste Heft von Doku-mentum erschienen ist. Wir haben kein Progrannm herausgegeben, als wir angefangen haben; unsere veröffentlichten Arbeiten sprachen für uns. Im Rahmen der technischen Möglichkeiten haben wir uns bedingungslos eingebracht. Wir haben keine Kunstzeitschrift gemacht, wir waren vielmehr bemüht, aus sozialem Blickwinkel einen Querschnitt des heutigen Weltbildes zu zeichnen. Weder aus parteipolitischem, noch aus ökonomischem Kalkül haben wir unsere Farben gewechselt. Wir sind Opposition. Unsere Opposition erschöpft sich jedoch nicht in kritischen Stellungnahmen und unrealisierbaren Androhungen. Die in uns reifenden konstruktiven Tendenzen prägen unseren geradlinigen Weg. Wir sind Opposition, aber wir unternehmen nicht einmal den Versuch, die Teilphänomene der heutigen Zeit eingehend zu kritisieren. Wie sollten wir uns einer Sache mit sinnvoller und argumentierender Kritik nähern, die nur Wirkung in einer Kette von Kausalitäten ist,... Tovább

Fülszöveg

Es ist sechs Monate her, dass das erste Heft von Doku-mentum erschienen ist. Wir haben kein Progrannm herausgegeben, als wir angefangen haben; unsere veröffentlichten Arbeiten sprachen für uns. Im Rahmen der technischen Möglichkeiten haben wir uns bedingungslos eingebracht. Wir haben keine Kunstzeitschrift gemacht, wir waren vielmehr bemüht, aus sozialem Blickwinkel einen Querschnitt des heutigen Weltbildes zu zeichnen. Weder aus parteipolitischem, noch aus ökonomischem Kalkül haben wir unsere Farben gewechselt. Wir sind Opposition. Unsere Opposition erschöpft sich jedoch nicht in kritischen Stellungnahmen und unrealisierbaren Androhungen. Die in uns reifenden konstruktiven Tendenzen prägen unseren geradlinigen Weg. Wir sind Opposition, aber wir unternehmen nicht einmal den Versuch, die Teilphänomene der heutigen Zeit eingehend zu kritisieren. Wie sollten wir uns einer Sache mit sinnvoller und argumentierender Kritik nähern, die nur Wirkung in einer Kette von Kausalitäten ist, eine Sache, die wir in ihrer Ganzheit unsympathisch und verwerflich finden. All unsere Glieder, all unsere Bewegungen sind Protest an sich. Wir sind nicht kompromissbereit. Was der Mensch heute im geistigen Bereich hervorbringt, halten wir in großenTeilen für unzeitgemäß, unwürdig für diejenigen, die es produzieren. Auch die Begabten interessieren uns nicht. Es gibt zu viele von ihnen, sie haben sich längst durch ihre Kompromissbereitschaft verausgabt. Heute ist der Zustand erreicht, in dem die Verantwortungslosigkeit schädlicher ist als die Borniertheit. Hinter der langweiligen Draperie von Geist, Charakter und Begabung gibt es eine Sache, auf die es ankommt: die unmissverständliche Haltung, durch die der Mensch Stellung bezieht, sich, seinen Gefährten und der Welt gegenüber. Mit dieser Entschlossenheit haben wir vor sechs Monaten angefangen und so werden wir fortfahren, so lange wir es finanziell tragen können. Wir schließen das erste halbe Jahr ohne Pessimismus, wie wir es ohne Optimismus angefangen haben.
Auf dem Titelblatt: Vor sechs Monaten - Stellungnahme der Redakteure der Zeitschrift Dokumentum: Lajos Kassák, Tibor Déry, Gyula Illyés, József Nádass, Andor Németh In: Dokumentum, Budapest, Mai 1927, S.1. Vissza