Fülszöveg
Ein großer Reigen alter Photographien - „schöne Bilder" aus allen Teilen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er setzt, so unglaublich das für manchen auch klingen mag, tief im Vormärz ein, um 1840, und er endet, als Österreich-Ungarn, dieses Staatsgebilde aus vielen Nationen, von der Weltgeschichte zerschlagen wurde und damit Mittel- und Südosteuropa den dornigen Weg in einen fragwürdigen Frieden antraten.
Die von Franz Hubmann komponierten zehn Bildkapitel lassen die sieben „goldenen Jahrzehnte" durch die Gesichter, die Garderobe, die Fahrzeuge, die Straßen, Plätze, Häuser und Wohnungen der Menschen, durch ihr Benehmen, ihre Mienen und Gebärden, Sitten und Unsitten in beklemmender Unmittelbarkeit wiedererstehen. Der vormärzliche Wiener Seidenfabrikant, jeder Zoll ein „Bürger vom Grund", blickt uns ebenso würdig entgegen wie die elegante Frau mit der typischen Biedermeierfrisur oder der Metternich-sche Beamte, jeder Zoll ein „Reaktionär"; die Militärs tragen noch den...
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Fülszöveg
Ein großer Reigen alter Photographien - „schöne Bilder" aus allen Teilen der österreichisch-ungarischen Monarchie. Er setzt, so unglaublich das für manchen auch klingen mag, tief im Vormärz ein, um 1840, und er endet, als Österreich-Ungarn, dieses Staatsgebilde aus vielen Nationen, von der Weltgeschichte zerschlagen wurde und damit Mittel- und Südosteuropa den dornigen Weg in einen fragwürdigen Frieden antraten.
Die von Franz Hubmann komponierten zehn Bildkapitel lassen die sieben „goldenen Jahrzehnte" durch die Gesichter, die Garderobe, die Fahrzeuge, die Straßen, Plätze, Häuser und Wohnungen der Menschen, durch ihr Benehmen, ihre Mienen und Gebärden, Sitten und Unsitten in beklemmender Unmittelbarkeit wiedererstehen. Der vormärzliche Wiener Seidenfabrikant, jeder Zoll ein „Bürger vom Grund", blickt uns ebenso würdig entgegen wie die elegante Frau mit der typischen Biedermeierfrisur oder der Metternich-sche Beamte, jeder Zoll ein „Reaktionär"; die Militärs tragen noch den weißen Waffenrock, Venetien und die Lombardei gehören noch zu Österreich; doch gehen sie verloren wie die Schlacht bei Königgrätz. Aber Triest, Agram, Cattaro, Prag, Budapest, Krakau, Przemysl sind noch lange kaiserlich und königlich — „k. u. k." Bosnien und die Herzegowina kommen sogar noch dazu. Es wimmelt von Waffengattungen und Kaiserrockträgern in allen Farben, die Oberen Zehntausend wie die unteren Millionen haben alle ihren Auftritt vor den Linsen der noch recht primitiven, aber vielleicht gerade darum so unverfälscht zeichnenden Kameras. In diesem Buch „trifft man sich" noch in Karlsbad, Marienbad, Franzensbad, beim Korso, beim Ringstraßenbummel, bei der Frühjahrsparade auf der Schmelz; man nimmt an den Kaisermanövern teil, macht große und kleine Politik und gelegendich auch Pleite oder Revolution. Viel ist dem Österreicher aus jenen Zeiten her verblieben: vom Radetzkymarsch über den Handkuß, die Vorliebe für Schönbrunngelb und den Kaiserschmarrn bis zum Schicksal eines tschechischen, polnischen, ungarischen Familiennamens. Zwei Weltkriege haben die Brücken zum Gestern wohl zu beschäcli-gen, nicht aber zu zerstören vermocht. Ernst Trost („Das blieb vom Doppeladler") schrieb das einleitende Essay zu diesem Bildband.
Vissza