Schweizer Erzählungen I.

Fülszöveg

Auf lebendig-abwechslungsreiche Weise soll die hier vorgelegte Anthologie die Entwicklung der Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg anhand von literarischen Texten aufzeigen. Am Anfang stand der Ausbruch aus der kriegsbedingten En-ge, die Wiederaufnahme der kulturellen Bezie-hungen mit dem übrigen Európa und der gan-zen Welt. Dennoch konnte sich die Schweiz in den fünfziger und sechziger Jahren den Auswir-kungen des kalten Krieges ebensowenig entzie-hen wie die übrigen europáischen Lánder und durchlebte eine Zeit der Verhártung und des geistigen Stillstands. Unter dem EinfluíS der Entwicklung in Paris und Berlin kam aber nach 1968 auch im Lande Wilhelm Telis vieles neu in Bewegung. Der steigende Wohlstand erstickte die Lust auf Veránderung jedoch schon bald wieder, und in jüngster Zeit mehren sich unter dem Stichwort Fremdenfeindlichkeit sogar wieder die Zeichen eines neuen Nationalismus, wáhrend sich in der Generation der ganz Jun-gen vielfach Verdrossenheit und Apathie... Tovább

Fülszöveg

Auf lebendig-abwechslungsreiche Weise soll die hier vorgelegte Anthologie die Entwicklung der Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg anhand von literarischen Texten aufzeigen. Am Anfang stand der Ausbruch aus der kriegsbedingten En-ge, die Wiederaufnahme der kulturellen Bezie-hungen mit dem übrigen Európa und der gan-zen Welt. Dennoch konnte sich die Schweiz in den fünfziger und sechziger Jahren den Auswir-kungen des kalten Krieges ebensowenig entzie-hen wie die übrigen europáischen Lánder und durchlebte eine Zeit der Verhártung und des geistigen Stillstands. Unter dem EinfluíS der Entwicklung in Paris und Berlin kam aber nach 1968 auch im Lande Wilhelm Telis vieles neu in Bewegung. Der steigende Wohlstand erstickte die Lust auf Veránderung jedoch schon bald wieder, und in jüngster Zeit mehren sich unter dem Stichwort Fremdenfeindlichkeit sogar wieder die Zeichen eines neuen Nationalismus, wáhrend sich in der Generation der ganz Jun-gen vielfach Verdrossenheit und Apathie breit-machen.
Von dieser Entwicklung der Schweiz zwischen 1950 und der Gegenwart legen die hier prásen-tierten Schweizer Erzáhlungen in vielfáltiger Weise Zeugnis ab. Auf Frisch und Dürrenmatt, welche die Schwierigkeit, Schweizer zu sein, exemplarisch zum Ausdruck brachten und zugleich der Schweizer Literatur weltweit zu neuem Ansehen verhalfen, folgte in den sechziger Jahren die Generation der Bichsel, Muschg, Nizon, Steiner und Vogt. Ihre Bücher werden ganz selbstverstándlich auch in Salzburg, Hamburg und München gelesen und stellen einen ge-wichtigen, nicht wegzudenkenden Beitrag an
die Literatur des gesamten deutschen Sprach-raums dar. Die erstaunliche literarische Prospe-ritát des Kleinstaats Schweiz hált jedoch, wie die vorliegende Auswahl augenfállig zeigt, un-vermindert bis in die jüngste Gegenwart hinein an. Im Umfeld der 68er Bewegung traten so bemerkenswerte Talente wie Gertrúd Leuten-egger, E. Y. Meyer oder Christoph Geiser erst-mals in Erscheinung, und selbst die jugend-lichen Verweigerer von 1980 fanden wiederum literarische Wortführer wie Reto Hánny oder Franz Böni. Auffállig ist bei alldem, wie háufig sich in der jüngeren Deutschschweizer Literatur Frauen zu Wort melden und ihre spezifi-schen Anliegen in eine Diskussion einbringen, die in der Schweiz nie blofí eine literarische, sondern immer auch eine politisch-gesellschaft-liche ist. Vissza