Fülszöveg
Wer sich ohne nähere Kenntnis des Ortes auf der unscheinbaren Zubringerstraße dem hoch geschlossenen, langgezogenen Architekturgebilde nähert oder es per Zufall vom vorbeifahrenden Zug aus entdeckt, wird dessen Zweck wohl schwerlich erraten. Mit den bekannten Grundtypen heutigen Bauens, mit Wohn-, Industrie-, Verwaltungs- oder Sakralbauten hat diese Rätselarchitektur kaum etwas gemein. Und tatsächlich umschließt das Gebäude etwas, was man hier, im chaotisch verbauten Gewerbegebiet zwischen Bahndamm und Donauauen, am wenigsten erwartet: ein Museum zeitgenössischer Kunst, ein Kulturforum, wie es in dieser Form in Europa bisher nicht existiert hat. Das auffällige Gebäude beherbergt die wohl umfassendste Prlvatsammlung neuerer Kunst In Österreich. Es wird in jeder Hinsicht privat, also ohne öffentliche Zuschüsse betrieben; dennoch ist es mit allem ausgestattet, was zu einem repräsentativen Museum gehört: mit Depots, Restaurierungswerkstätten, einer eigenen Museumsmannschaft und auch...
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Fülszöveg
Wer sich ohne nähere Kenntnis des Ortes auf der unscheinbaren Zubringerstraße dem hoch geschlossenen, langgezogenen Architekturgebilde nähert oder es per Zufall vom vorbeifahrenden Zug aus entdeckt, wird dessen Zweck wohl schwerlich erraten. Mit den bekannten Grundtypen heutigen Bauens, mit Wohn-, Industrie-, Verwaltungs- oder Sakralbauten hat diese Rätselarchitektur kaum etwas gemein. Und tatsächlich umschließt das Gebäude etwas, was man hier, im chaotisch verbauten Gewerbegebiet zwischen Bahndamm und Donauauen, am wenigsten erwartet: ein Museum zeitgenössischer Kunst, ein Kulturforum, wie es in dieser Form in Europa bisher nicht existiert hat. Das auffällige Gebäude beherbergt die wohl umfassendste Prlvatsammlung neuerer Kunst In Österreich. Es wird in jeder Hinsicht privat, also ohne öffentliche Zuschüsse betrieben; dennoch ist es mit allem ausgestattet, was zu einem repräsentativen Museum gehört: mit Depots, Restaurierungswerkstätten, einer eigenen Museumsmannschaft und auch dem nötigen Betriebskapital.
Vor allem mit seinen vielfältigen Methoden der Lichtzufuhr und seinen wechselnden Raumfiguren für die Auftrittsrituale der zeitgenössischen Kunst hat Heinz Tesar, der Architekt des Hauses, hier Maßstäbe gesetzt. Seine ausgeklügelte Variante der klassischen Oberlichtlaterne und sein leicht zu bedienendes Aufbewahrungssystem für Bilder sind ein Lehrbeispiel moderner Museumsarchitektur.
Tesars Museumsbau schafft etwas, was eigentlich ein Widerspruch ist: Er stellt sich ganz in den Dienst der ausgestellten Kunstwerke und profiliert sich gerade mit dieser Besonderheit als architektonisches Individuum, als autonomes Bau-Kunstwerk. Mit seiner enigmatischen Erscheinung läßt er etwas von jenem Geheimnis ahnen, das den Künsten eigentlich immer zu eigen sein sollte, das in den letzten Jahrzehnten aber - auch durch allzu aufgeregte Museumsarchitekturen - oft verspielt worden ist.
Gottfried Knapp ist als Kulturredakteur für die Architektur-Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung verantwortlich. Er hat in fast allen Fachzeitschriften Deutschlands Kommentare zu aktuellen Architektur- und Städtebauthemen verfaßt. Christian Richters studierte nach einem Voluntariat bei Pan Walther an der Folkwangschule in Essen Kommunikationsdesign. Er ist heute einer der gefragtesten Architekturphotographen Europas. Seine Aufnahmen finden sich u. a. in The Architecturat Review, Architecture, Bauwelt, Domus, El Croquis, L'Architecture d'Aujourd'hui und Zodiac.
Vissza