Mutter Marie Eugénie oder Die Bürgerzeit

Fülszöveg

ich hatte in meinem Roman mit dem Problem der Verantwortung zu tun. Es behauptet groß und deutlich den Mittelpunkt. Ich nehme an, daß Sie es sehen, obwohl Sie es nicht nennen. Wenn überhaupt, bei Erwähnung meines Buches und auch sonst, von der Frage der Verantwortung (für das Geschehen, für die Kinder und für die Welt, in die sie gestellt sind) nirgends die Rede ist, so glaube ich deshalb noch lange nicht, daß die Frage kalt läßt. Das wäre zu traurig. Ich will lieber glauben, daß es peinlich und unfruchtbar, ja, ganz fremdartig scheint, an sie zu rühren. Genau so ergeht es auch den Gestalten meines Romans, bis auf die eine. Sie alle sind die wahren Vertreter des ringsum bedingten Geschlechtes. Ihnen ist es schwergemacht, zur inneren Freiheit zu kommen. Um so verdienstvoller, wenn einer noch sittliche Tatkraft zeigt.
Heinrich Mann 1927 anläßlich einer Kritik zu „Mutter Marie''
Eugénie oder Die Bürgerzeit" — es ist wirklich ein Abgesang geworden, entstanden aus Erinnerung und... Tovább

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ich hatte in meinem Roman mit dem Problem der Verantwortung zu tun. Es behauptet groß und deutlich den Mittelpunkt. Ich nehme an, daß Sie es sehen, obwohl Sie es nicht nennen. Wenn überhaupt, bei Erwähnung meines Buches und auch sonst, von der Frage der Verantwortung (für das Geschehen, für die Kinder und für die Welt, in die sie gestellt sind) nirgends die Rede ist, so glaube ich deshalb noch lange nicht, daß die Frage kalt läßt. Das wäre zu traurig. Ich will lieber glauben, daß es peinlich und unfruchtbar, ja, ganz fremdartig scheint, an sie zu rühren. Genau so ergeht es auch den Gestalten meines Romans, bis auf die eine. Sie alle sind die wahren Vertreter des ringsum bedingten Geschlechtes. Ihnen ist es schwergemacht, zur inneren Freiheit zu kommen. Um so verdienstvoller, wenn einer noch sittliche Tatkraft zeigt.
Heinrich Mann 1927 anläßlich einer Kritik zu „Mutter Marie''
Eugénie oder Die Bürgerzeit" — es ist wirklich ein Abgesang geworden, entstanden aus Erinnerung und Voraussicht. Aus der Erinnerung an die eigene Jugend und der Voraussicht auf kommendes Unheil. Es liegt darin die Notwendigkeit des Unterganges, aber auch noch ein letzter Schimmer von Schönheit. Konsul Jürgen West und seine Frau Gabriele, die Eugénie des Romans, fassen am Ende, als sie verarmt sind, ihr Leben noch einmal zusammen, um im Untergang îialtung zu bewahren und es nicht den Schiebern und Phrasenhelden gleichzutun, die sie umgeben. Sie sehen endlich ein, daß ihr Leben jetzt tägliche Anstrengung und täglicher Verzicht sein muß. Aber „vor allem muß man innerlich die Dame und der Herr bleiben — muß aus dem Leben; das man doch unaufhörlich erkämpft, seinen freien Besitz, ja, sogar etwas wie ein Gleichnis machen".
Herbert Ihering, 1951 Vissza