Fülszöveg
Dr. Heinrich Drimmel wurde 1912 in Wien geboren und promovierte 1935 an der Wiener Universität zum Dr. jur. Nach langjähriger Zugehörigkeit zum Unterrichtsministerium in Wien, war er von 1954— 1964 auch dessen Minister. Mit Dr. Heinrich Drimmel trat in der Zweiten Republik in Österreich ein Mann als Unterrichtsminister in Erscheinung, der bald von sich reden machte, weil er den Menschen und dessen Qualität und Charakter in erster Linie ansah und erst in zweiter Linie sich informativ damit befaßte, sich für seine etwaige politische Meinung oder Parteizugehörigkeit zu interessieren. Das hatte alsbald zur Folge, daß politisch anders Orientierte ihm mit Achtung begegneten und er einem Teil seiner Parteifreunde mißliebig wurde.
Drimmel ist überzeugter Katholik und vertritt jenen Humangedanken, der den geistigen Reichtum des christlichen Abendlandes ausmacht. Aber nicht vertritt er den militant katholischen Geist, der in einer politischen Partei organisiert ist und dabei Religion und...
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Fülszöveg
Dr. Heinrich Drimmel wurde 1912 in Wien geboren und promovierte 1935 an der Wiener Universität zum Dr. jur. Nach langjähriger Zugehörigkeit zum Unterrichtsministerium in Wien, war er von 1954— 1964 auch dessen Minister. Mit Dr. Heinrich Drimmel trat in der Zweiten Republik in Österreich ein Mann als Unterrichtsminister in Erscheinung, der bald von sich reden machte, weil er den Menschen und dessen Qualität und Charakter in erster Linie ansah und erst in zweiter Linie sich informativ damit befaßte, sich für seine etwaige politische Meinung oder Parteizugehörigkeit zu interessieren. Das hatte alsbald zur Folge, daß politisch anders Orientierte ihm mit Achtung begegneten und er einem Teil seiner Parteifreunde mißliebig wurde.
Drimmel ist überzeugter Katholik und vertritt jenen Humangedanken, der den geistigen Reichtum des christlichen Abendlandes ausmacht. Aber nicht vertritt er den militant katholischen Geist, der in einer politischen Partei organisiert ist und dabei Religion und Politik gleichsetzt. Katholik ist man durch die Tat und nicht durch die Mitgliedschaft einer politischen Partei. Dieser im tiefsten Sinne österreichische, weil dem gegenseitigen Verständnis dienende Standpunkt, wird in Österreich wohl sehr vehement vertreten, aber nur höchst selten wird ihm gemäß auch gehandelt. Das ist zu unbequem. Es genügt, wenn man
AMALTHEA
vom Anständigsein redet, das beruhigt das Gewissen, denn bis zur Tat ist noch ein weiter Weg, und weil er mühselig zu gehen ist, unterbleibt er am zweckmäßigsten. Die »Häuser«, von denen Heinrich Drimmel in diesem Buch berichtet, sind Elternhaus, Schule, Universität, das Ministerium amMinoriten-platz und das Belvedere, seine Eremitage, in die er sich nach dem selbstgewählten Ausscheiden aus dem öffentlichen und politischen Leben zurückgezogen hat. Heinrich Drimmel ist ein Mann von felsenfestem Charakter. Damit fällt man auf. Aber in einem unangenehmen Sinn, denn in den »fetten Jahren« dieses Jahrhunderts, die jetzt zu Ende gehen, war Charakter das billigste und überflüssigste Relikt einer Zeit, von der man wie im Märchen liest, daß Gut und Böse eine Definition hatten, nach der zu leben man mehr oder weniger verpflichtet war oder verpflichtet wurde.
In diesem Buch spricht ein Mensch zu uns, und weil das geschieht, gibt es uns ein Gefühl von Ruhe, Würde und Anstand. Alle Dinge werden an den Platz gerückt, der ihnen zukommt. Was man heute mit viel Lärm als Groß vorgesetzt erhält, wird kleiner, und Kleines oder Unbeachtetes wieder größer. Es ist ein Buch von jener inneren Wahrheit, die man beruhigt glauben kann, weil eine solche Wahrheit wohl des Glaubens, nicht aber eines Beweises mehr bedarf.
AMALTHEA
Vissza