Fülszöveg
ie Kunst der Gotik in
Österreich hat seit der im
Jahre 1959 in der Minoriten-
kirehe zu Stein abgehaltenen
großen Ausstellung eine außer-
ordentlich verstärkte Beach-
tung gefunden. Immer mehr
zeigt sich, welch ein kulturell
reiches und in seinen Kunst-
leistungen einmaliges Land
Österreich in der Zeit der
Gotik gewesen ist. Sind uns
auch auf dem Gebiete der
Architektur nur wenige Namen
jener großen Baukünstler er-
halten geblieben, so bezeugen
ihre Werke heute noch in einer
auf diesem Gebiete niemals mehr
erreichten Vollendung den ins
Transzendente gesteigerten Bau-
willen. Man braucht nicht
nur an den Stephansdom in
Wien oder an das Wunder-
werk der keine Schwere mehr
spürenden, wie eine durch-
brochene Spitzenarbeit wir-
kenden Bekrönung des Turm-
helmes von Maria am Gestade
oder an den Säulenreichtum
der Franziskanerkirche in Salz-
burg zu denken, um der hohen
Qualität bewußt zu werden;
auch an den kleinsten und ab-
gelegensten Pfarrkirchen...
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Fülszöveg
ie Kunst der Gotik in
Österreich hat seit der im
Jahre 1959 in der Minoriten-
kirehe zu Stein abgehaltenen
großen Ausstellung eine außer-
ordentlich verstärkte Beach-
tung gefunden. Immer mehr
zeigt sich, welch ein kulturell
reiches und in seinen Kunst-
leistungen einmaliges Land
Österreich in der Zeit der
Gotik gewesen ist. Sind uns
auch auf dem Gebiete der
Architektur nur wenige Namen
jener großen Baukünstler er-
halten geblieben, so bezeugen
ihre Werke heute noch in einer
auf diesem Gebiete niemals mehr
erreichten Vollendung den ins
Transzendente gesteigerten Bau-
willen. Man braucht nicht
nur an den Stephansdom in
Wien oder an das Wunder-
werk der keine Schwere mehr
spürenden, wie eine durch-
brochene Spitzenarbeit wir-
kenden Bekrönung des Turm-
helmes von Maria am Gestade
oder an den Säulenreichtum
der Franziskanerkirche in Salz-
burg zu denken, um der hohen
Qualität bewußt zu werden;
auch an den kleinsten und ab-
gelegensten Pfarrkirchen und
Bergkapellen ist der künstle-
rische Reichtum der Zeit zu
spüren. Nicht weniger bedeu-
tend ist das weite und land-
schaftlich eigenartige Gebiet
der gotischen Bildhauerkunst.
Die „schönen Madonnen" der
Frühzeit, noch in der weit-
abgewandten Hieratik des
Mittelalters dahinträumend,
die herrlichen Schnitzaltare,
die weltliche Monumental-
plastik, die über Türme, Dächer
und Spitzbogen zerstreute und
mit einer Überfülle symboli-
scher Statuen belebte Kathe-
dralplastik — welch ein Reich-
tum bildnerischen Formens.
Die gotische Malerei in Öster-
reich, deren Bedeutung für
die gesamte europäische Kunst
erst sehr spät erkannt wurde,
glänzt schon allein durch die
in den Wunderwerken der gro-
ßen Schnitzaltäre enthaltenen
Tafelbilder. Namen wie Michael
Pacher, Rueland Frueauf, Kon-
rad Laib, der erst jetzt in sei-
ner vollen Bedeutung erkannte
Meister von Pulkau, der lange
in Wien wirkende Lukas Cra-
nach oder der Schottenmeister,
aber auch Wolf Huber und
Albrecht Altdorfer geben Zeug-
nis von der Bedeutung der
gotischen Malerei in Öster-
reich. Wie reich und vielfältig
das Kunstschaffen der gotischen
Zeit gewesen war, ist aus der
später in dieser Vollendung
nie mehr erreichten Glasmale-
rei, dem Zaubergarten der
mittelalterlichen Buchillustra-
tion und den großen Fresken-
zyklen zu ersehen. Aber auch
die Leistungen des Kunst-
gewerbes auf den Gebieten der
Schmiedekunst, der Tapisserie,
der Töpferei, der Glaskunst
und vor allem der Gold-
schmiedekunst lassen uns den
Formenreichtum und den
künstlerischen Ausdruck des
Mittelalters mit Erstaunen be-
wundern.
f 1
Vissza