Fülszöveg
Der Gedanke, es lieBen sich unter den Heiligen so etwas wie Rang-stufen unterscheiden, erscheint dem Gláubigen als absurd und ist auch für den AuBenstehenden, der den Glaubensdingen Achtung entgegen-bringt, zum mindesten befremdend. Und doch ragt unter allén Heiligen-gestalten der Christenheit diejenige des Franz von Assisi hervor: von den Zeitgenossen als ein «anderer Christus» empfunden, ging von ihm eine Wirkung aus, die nicht ihres-gleichen hat und weit über den Be-reich der katholischen Kirche, ja über die Christenheit hinaus reicht. Seine in schlichten Worten verkün-dete und vorgelebte Lehre, seine Demut, seine Liebe zur Armut und zu allén Geschöpfen ftnden überall Gehör; als er 1228, zwei Jahre nach seinem Tode, heiliggesprochen wur-de, war dies gleichsam ein Plebiszit der ganzen Christenheit. Kaum ein anderer Heiliger ist denn auch so bald in der Kunst derart oft als Ein-zelgestalt wie im Umkreis seiner Legenden dargestellt worden. Er, von dem aus der Jugend bezeugt ist,...
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Fülszöveg
Der Gedanke, es lieBen sich unter den Heiligen so etwas wie Rang-stufen unterscheiden, erscheint dem Gláubigen als absurd und ist auch für den AuBenstehenden, der den Glaubensdingen Achtung entgegen-bringt, zum mindesten befremdend. Und doch ragt unter allén Heiligen-gestalten der Christenheit diejenige des Franz von Assisi hervor: von den Zeitgenossen als ein «anderer Christus» empfunden, ging von ihm eine Wirkung aus, die nicht ihres-gleichen hat und weit über den Be-reich der katholischen Kirche, ja über die Christenheit hinaus reicht. Seine in schlichten Worten verkün-dete und vorgelebte Lehre, seine Demut, seine Liebe zur Armut und zu allén Geschöpfen ftnden überall Gehör; als er 1228, zwei Jahre nach seinem Tode, heiliggesprochen wur-de, war dies gleichsam ein Plebiszit der ganzen Christenheit. Kaum ein anderer Heiliger ist denn auch so bald in der Kunst derart oft als Ein-zelgestalt wie im Umkreis seiner Legenden dargestellt worden. Er, von dem aus der Jugend bezeugt ist, daB er sich an Liedern erfreute, hat auch selbst Verse gedichtet: der Sonnengesang, eines der frühesten und erhabensten Zeugnisse in der
Fortsetzung auf der rückwartigen Klappe
Sprache seiner Heimat, gehört zu den unverlierbaren Schátzen der Menschheit. Was die Legenden be-trifft, die von seinem Leben und Wirken berichten, so handelt es sich nicht eigentlich um fromme Már-chen, um Schöpfungen der religiö-sen Volksseele, sondern um künst-lerisch geformte Erzahlungen von Begebenheiten, die sich zugetragen habén und sich in vielen Fállen nach Ort und Zeit datieren lassen; das gilt mit gewissen Einschránkungen selbst von den spáter entstandenen «Fioretti», der Blütenlegende. Ottó Karrer hat diese Texte, von den frühesten der sogenannten «Drei-Gefáhrten-Legende» bis zu den spáten der «Fioretti», den Lob-preisungen und dem Testament des Heiligen, ausgewahlt, übersetzt und mit Einführungen versehen, die sie geschichtlich einordnen. Seit dem Erscheinen des Bandes im Jahre 1945 habén zahlreiche Leser danach ge-griffen und die Worte des Poverello in einer gemáBen deutschen Fas-sung vernommen; das Buch liegt nun, neu illustriert mit Abbildungen nach Giotto und seinem Kreis, in leicht veránderter Gestalt vor.
Vissza