Fülszöveg
FAUST - ein Werk für Philologen, eine Dichtung für Literaturwissenschaftler, für Eingeweihte und Kenner? Ein Drama, das die Vergangenheit behandelt und ihre Probleme, Menschen, deren Schicksale uns fern sind, weil sie dem Mittelalter entstammen? Nein: „Faust" ist lebendig, das zeigt uns jede Aufführung an unseren Theatern, das zeigt die Bereitschaft, mit der wir dem Geschehen auf der Bühne folgen, und das zeigt auch die Lebhaftigkeit der Diskussion über das gröfite Werk der deutschen Literatur, das „den ganzen Kreis der Schöpfung" ausschreitet. Warum ist „Faust" immer noch aktuell, so aktuell wie bei der ersten Aufführung, bei der schon damals sein Publikum spürte: Hier ist uns etwas ganz Grofies,Einmaliges gegeben. - Warum sind Theaterbesucher und Leser immer wieder gebannt? Weil sein Schöpfer „Prospekte nicht und nicht Maschinen" geschont, weil er „Wasser, Feuer und Felsenwánde" gebraucht hat? Gewift, das Schicksal Gretchens rührt uns, der Pakt, den Faust mit Mephisto abschlieík,...
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FAUST - ein Werk für Philologen, eine Dichtung für Literaturwissenschaftler, für Eingeweihte und Kenner? Ein Drama, das die Vergangenheit behandelt und ihre Probleme, Menschen, deren Schicksale uns fern sind, weil sie dem Mittelalter entstammen? Nein: „Faust" ist lebendig, das zeigt uns jede Aufführung an unseren Theatern, das zeigt die Bereitschaft, mit der wir dem Geschehen auf der Bühne folgen, und das zeigt auch die Lebhaftigkeit der Diskussion über das gröfite Werk der deutschen Literatur, das „den ganzen Kreis der Schöpfung" ausschreitet. Warum ist „Faust" immer noch aktuell, so aktuell wie bei der ersten Aufführung, bei der schon damals sein Publikum spürte: Hier ist uns etwas ganz Grofies,Einmaliges gegeben. - Warum sind Theaterbesucher und Leser immer wieder gebannt? Weil sein Schöpfer „Prospekte nicht und nicht Maschinen" geschont, weil er „Wasser, Feuer und Felsenwánde" gebraucht hat? Gewift, das Schicksal Gretchens rührt uns, der Pakt, den Faust mit Mephisto abschlieík, nimmt uns gefangen und Iáik uns nicht mehr los, und wir durchleben alle Höhen und alle Tiefen, wie sie Faust selbst durchlebt.
Und das im Grundé ist es: Wir durchleben Fausts Höhen und Tiefen, als wáren es unsere eigenen wir sehen in ihm das Sinnbild des suchenden und schöpferischen Menschen, das Sinnbild der Menschheitsgeschichte insgesamt, und deshalb sehen wir in ihm uns selbst. Goethe hat in Faust einen Menschen gestaltet, dem die Zeit, in der er lebte, zu eng wurde, der ihre Fesseln sprengte, der sie überwand und den Weg in die Zukunft ging. Goethe hat Faust das Gewand des Mittelalters angelegt - gemeint aber hat er seine Gegenwart. Und eben weil Faust, der hier mit Goethe identisch ist, eine Tátigkeit vorlebt, die der Allgemeinheit dient, ebendeshalb hat der „Faust" weit über Goethes Gegenwart hinaus Bedeutung und Gewicht, deshalb berührt er nicht nur einige wenige, sondern uns alle. - Diese Ausgabe will dazu beitragen, dafi der „Faust" in seiner Gesamtheit aufgenommeíi wird. Die Zeichnungen Bert Hellers unterstützen vom Bild her die Vorstellung der Goetheschen Gestalten, die Einführung Jurij Brézans vermittelt den persönlichen Kontakt zu Goethes Werk, und das Nachwort von Henri Poschmann hilft uns die Zusammenhánge verstehen.
Vissza