Fülszöveg
»Graf Alexander Stenbock-Fermor hat hie. die Erinnerungen Harald Poelchaus nieder-geschrieben, des Gefángnispfarrers von Tegel, derauch in Plötzensee und Branden-burg-Görden wirkte. Aus dem Munde eines Berufenen, der die letzten Stunden mit zahllosen zum Tode Verurteilten verbrach-te, erfahren wir Dinge, in die bisher kaum jemand Einblick hatte. Vielen deutschen und auslándischen Widerstandskámpfern stand Harald Poelchau zur Seite. Fast alle begleitete er auf dem Wege zum Schafott. Adam Kuckhoff, Schulze-Boysen, das Ehe-paar Harnack - die Angehörigen der Rőten Kapelle - Helmuth von Moltke, Yorck von Wartenburg, von Witzleben - Teilnehmer des 20. Juli Werner Seelenbinder und Beppo Römer - sie alle begegnen uns in diesem Buch. Es ist ein erschütterndes Do-kument, zeugt es doch dafür, dafc auch in der dunkelsten Epoche deutscher Ge-schichte der Geist tapferer Mánner und Frauen das Beil und den Strick des Henkers überwand.«
Mit diesen Worten wurde 1949 die erste Ausgabe des...
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Fülszöveg
»Graf Alexander Stenbock-Fermor hat hie. die Erinnerungen Harald Poelchaus nieder-geschrieben, des Gefángnispfarrers von Tegel, derauch in Plötzensee und Branden-burg-Görden wirkte. Aus dem Munde eines Berufenen, der die letzten Stunden mit zahllosen zum Tode Verurteilten verbrach-te, erfahren wir Dinge, in die bisher kaum jemand Einblick hatte. Vielen deutschen und auslándischen Widerstandskámpfern stand Harald Poelchau zur Seite. Fast alle begleitete er auf dem Wege zum Schafott. Adam Kuckhoff, Schulze-Boysen, das Ehe-paar Harnack - die Angehörigen der Rőten Kapelle - Helmuth von Moltke, Yorck von Wartenburg, von Witzleben - Teilnehmer des 20. Juli Werner Seelenbinder und Beppo Römer - sie alle begegnen uns in diesem Buch. Es ist ein erschütterndes Do-kument, zeugt es doch dafür, dafc auch in der dunkelsten Epoche deutscher Ge-schichte der Geist tapferer Mánner und Frauen das Beil und den Strick des Henkers überwand.«
Mit diesen Worten wurde 1949 die erste Ausgabe des vorliegenden Buches ange-kündigt. Seitdem sind zahllose Texte aus dem Widerstand und über ihn erschienen, in Briefsammlungen und Dokumentation sind letzte Bekenntnisse vieler Opfer des Faschismus zugánglich geworden. Den-noch habén Harald Poelchaus Erinnerungen ihre erschütternde und aufrüttelnde Kraft bewahrt, nicht zuletzt um seiner selbst willen.
ÍWer war Harald Poelchau, der soviel Leid teilen und durch Teilnahme zu mildern ver-I' sucht hat?
Er wurde am 5. Október 1903 alsSohn eines schlesischen Pfarrers in einem kleinen Hei-dedorf geboren. Der konservative Vater schickte den Zehnjáhrigen auf die »Ritter-akademie« nach Liegnitz und anschliefcend auf die theologische Hochschule. 1922 übernahm Harald Poelchau die Kanzlei des Köngener Kreises der christlichen Jugend-bewegung in Tübingen. Erfahrungen mit
dem sozialen Elend wáhrend der Inflation sammelte er 1923 in Riga und anschlieftend als Werkstudent bei Bosch in Stuttgart. In Marburg empfing Poelchau lebensent-scheidende Impulse von Paul Tillich, dem er spáter schrieb: »Die beiden groften The-men Deines Lebens standén auch vor mir, dem jungen Studenten, als Lebensziel: der Kirche das Bild des industriellen Arbeiters und seiner Lebensbedingungen in den Blick zu bringen, so daG sie nicht mehr dar-an vorbeigehen kann und nicht mehr eine ín sich ruhende Bürgergruppe zur Erhal-tung der bestehenden Ordnung bleibt. Und umgekehrt, die Menschen der industriellen Welt nicht mehr der Sinnentfremdung ihrer mechanistischen Technik zu überlassen, sondern ihnen den Weg zum persönlichen Leben der Gotteskindschaft und Men-schenbruderschaft zu öffnen.« Diese Hal-tung bestimmte ihn auch, nach dem ersten theologischen Examen (1927) als Ge- \ scháftsführer der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichts- | hilfe zu arbeiten und sich 1932 um die Ge-fángnispfarrstelle in Tegel zu bewerben. Über die Arbeit seit seiner Anstellung im j Jahre 1933 berichten seine Erinnerungen. Poelchau war aber nicht nur Seelsorger für die Opfer des Faschismus, sondern nahm auch selbst am Widerstand innerhalb der Bekennenden Kirche und als Angehöriger des Kreisauer Kreises teil. 1946-1949 war er, der damals in Berlin-Zehlendorf wohn-te, aktiv an der Reform des Strafvollzuges in der sowjetischen Zone beteiligt und hielt an der Humboldt-Universitát Vorlesungen zum Strafvollzugsrecht. Danach war er wie-der Gefángnispfarrer in Tegel und seit 1951 Leiter eines evangelischen Sozialpfarr-amtes bei der Berliner Marienkirche. 1958 wurde er vom Rat der Evangelischen Kirche in die Sozialkammer Berlin-Charlotten-burg berufen. Am 29. April 1972 starb Harald Poelchau.
Schutzumschlag: Ulrich Ewald
Vissza