Fülszöveg
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Ernest Ansermet, Musiker, Mathematiker und Musikphilosoph, gehört seit Jahrzehnten zur. Elite der europäischen Dirigenten. Über seine internationale Bedeutung als Gründer und Leiter des Genfer »Orchestre de la Suisse ro-mande« hinaus ist er der Typ des spirituellen, von ursprünglicher Musikalität erfüllten Künstlers und Denkers. Aus dieser doppelten Berufung entstand Ansermets grundlegendes Werk, in dem er - selbst leidenschaftlicher Vorkämpfer der neuen Musik, Freund und Förderer Strävinskys - sich mit den musikalischen Grundproblemen und mit der zeitgenössischen Musik auseinandersetzt. Ansermet stellt die Frage nach den unveränderlichen musikalischen Grundlagen, d. h. nach dem natürlichen akustischen Material der Musik - dem Ton - und nach der Fähigkeit des Menschen, Töne wahrzunehmen, sie zu sondern und als Musik zu hören und zu verstehen. Seine Betrachtung steht von Anfang an in engem Zusammenhang mit der Frage nach der Bewußtseinsreaktion des Hörenden, nach dem...
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Ernest Ansermet, Musiker, Mathematiker und Musikphilosoph, gehört seit Jahrzehnten zur. Elite der europäischen Dirigenten. Über seine internationale Bedeutung als Gründer und Leiter des Genfer »Orchestre de la Suisse ro-mande« hinaus ist er der Typ des spirituellen, von ursprünglicher Musikalität erfüllten Künstlers und Denkers. Aus dieser doppelten Berufung entstand Ansermets grundlegendes Werk, in dem er - selbst leidenschaftlicher Vorkämpfer der neuen Musik, Freund und Förderer Strävinskys - sich mit den musikalischen Grundproblemen und mit der zeitgenössischen Musik auseinandersetzt. Ansermet stellt die Frage nach den unveränderlichen musikalischen Grundlagen, d. h. nach dem natürlichen akustischen Material der Musik - dem Ton - und nach der Fähigkeit des Menschen, Töne wahrzunehmen, sie zu sondern und als Musik zu hören und zu verstehen. Seine Betrachtung steht von Anfang an in engem Zusammenhang mit der Frage nach der Bewußtseinsreaktion des Hörenden, nach dem musikalischen Ton- und Klangmaterial und schließlich nach dem musikalischen Urphänomen: Gibt es eine schöpferische Urzelle, eine Urbewegung in der Musik, die bis heute und in alle Zukunft weiterwirkt?
Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß die Bewußtseinsphänome, die in der Musik eine Rolle spielen, dieselben sind, die am Ursprung aller Grundbestimmung des Menschen in seiner Beziehung zur Welt, zu Gott und
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zur menschlichen Gesellschaft stehen. Ansermet versteht die Sprache der Musik als eine Sprache des Gefühls und nicht des Denkens. Von hier geht auch seine Kritik an vielen Postulaten der zeitgenössischen Musik aus. In der Gefühlssprache der Musik äußern sich die Normen und Modalitäten menschlicher Ethik. Die Ästethik ist aber nur Ausdruck der Ethik, und damit ist der musikalische »Einbildungsakt« Ausdruck des Menschen als ethisches Wesen. - Ansermets Musikanschauung wird unterbaut durch eine historische Sicht, in der sich die Musik in drei Stadien entwickelt: Musik als Magie, Musik in transzendenter, aber passiver Bedeutung und endlich Musik in einer aktiven Bewußtseinsstufe, die allein dem Abendland vorbehalten blieb. Mit ihr ist das Ziel erreicht, alle Mittel zur Herstellung sinnvoller Beziehungen zu den Tönen sind entdeckt; neue, außerhalb der Bewußtseinserfahrung liegende MögUchkeiten lassen sich nicht mehr finden. Was das Bewußtsein nicht zu erfassen vermag, kann den Menschen als ethisches Wesen nicht mehr widerspiegeln; es ist nur noch Zeichen der Verwirrung. - Als Bekenntnis und künstlerisches Vermächtnis eines bedeutenden Musikers und Musikphilo-' sophen ist dieses Alterswerk, Summe einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Gegenstand, ein wesentUcher, ja epochaler Beitrag zur Musik- und Geistesgeschichte der Menschheit.
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