Der Junge Revolutionär

Fülszöveg

Von den schwarzen Bergen Montenegros, dem wildesten und zugleich heroischsten Land des Balkans, steigt ein junger Mann hinunter in die Welt. Man schreibt das Jahr 1929 und für einen jungen Bauernburschen scheint der Vorsatz recht kühn, Journalistik studieren zu wollen, vielleicht in Prag oder sogar Paris, auf jeden Fall aber in Belgrad. Zwei Jahrzehnte später wird Milovan Djilas der zweithöchste Mann Jugoslawiens, Titos Stellvertreter, sein. Ein weiteres Jahrzehnt und aus dem Kommunistenführer, dem Vater dp „eigenen Weges zum Soziahsmus" ist ein Verstoßener, ein Demokrat, ein Mann geworden, der nicht nur die Kerker der jugoslawischen Königsdiktatur, sondern auch jene des Kommunismus kennengelernt hat. Doch damals hofft der junge Djilas noch auf eine große Karriere als Dichter und Schriftsteller, obwohl ihn Angst bei dem Gedanken an die große Stadt Belgrad erfüllt, obwohl er Sorgen hat, wo er dort sein Haupt zur Ruhe legen und wie er sich Nahrung beschaffen wird: Ein junger Mensch,... Tovább

Fülszöveg

Von den schwarzen Bergen Montenegros, dem wildesten und zugleich heroischsten Land des Balkans, steigt ein junger Mann hinunter in die Welt. Man schreibt das Jahr 1929 und für einen jungen Bauernburschen scheint der Vorsatz recht kühn, Journalistik studieren zu wollen, vielleicht in Prag oder sogar Paris, auf jeden Fall aber in Belgrad. Zwei Jahrzehnte später wird Milovan Djilas der zweithöchste Mann Jugoslawiens, Titos Stellvertreter, sein. Ein weiteres Jahrzehnt und aus dem Kommunistenführer, dem Vater dp „eigenen Weges zum Soziahsmus" ist ein Verstoßener, ein Demokrat, ein Mann geworden, der nicht nur die Kerker der jugoslawischen Königsdiktatur, sondern auch jene des Kommunismus kennengelernt hat. Doch damals hofft der junge Djilas noch auf eine große Karriere als Dichter und Schriftsteller, obwohl ihn Angst bei dem Gedanken an die große Stadt Belgrad erfüllt, obwohl er Sorgen hat, wo er dort sein Haupt zur Ruhe legen und wie er sich Nahrung beschaffen wird: Ein junger Mensch, der noch nie in seinem Leben einen Eisenbahnzug gesehen hat. Djilas bleibt in Belgrad und erlebt den krassen Unterschied zwischen der sozialen Wirklichkeit und den Lesebuchgeschichten, ist alsbald in alle möglichen Intrigen und Unruhen an der Universität verwickelt, führt eine große Demonstration der Studenten gegen das Diktaturregime und gerät auf der Suche nach Vorkämpfern sozialer Gerechtigkeit zur äußersten Linken: zum Kommunismus. Verhaftet und wieder freigelassen, neuerlich verhaftet und gefoltert, abgeurteilt und eingekerkert, erlebt der junge Djilas das Werden der kommunistischen Partei und seine eigene Entwicklung zu einem ihrer führenden Männer in der sonderbarsten Parteihochschule, die es wohl je gab: in den Gefängnissen. Dort erlebt er den Mikrokosmos des inneren Kampfes zwischen verschiedenen Richtungen um die Führung in der Partei, der sich außerhalb der Gefängnismauern im Makrokosmos der Internationale tatsächlich abspielt. Wieder in Freiheit kann er das Erlernte in die Praxis umsetzen. Das Zentralkomitee ist nach Paris geflüchtet und hat nicht nur jeden Zusammenhang mit der Par-
(Fortsetzung auf der hinteren Klappe)
tei im Lande selbst verloren, es ist auch von wirklichen oder angeblichen Agenten feindlicher Mächte durchsetzt. Nur ein einziger Mann aus dem Kreis dieser Führung besitzt nach wie vor das Vertrauen Moskaus: Josip Broz, genannt Tito. Und Tito ist es, der zum Führer der neuen kommunistischen Partei Jugoslawiens wird und der den jungen Djilas als einen seiner engsten Mitarbeiter zu immer höheren Parteiämtern beruft. In diesem Memoirenband zeigt Djilas das Entstehen der kommunistischen Partei ebenso wie die großen Zusammenhänge der Politik Mittel- und Südosteuropas jener Zeit, die vom Erstarken des Nationalsozialismus geprägt waren. Doch das Eindrucksvollste ist das Nebeneinander von gläubiger Überzeugung, fanatischem Idealismus und absoluter Ergebenheit für die von Moskau ausgegebenen Weisungen. Erschütternd etwa wie die totale Verurteilung des schlimmsten faschistischen Gegners nicht heranreicht an die Verurteilung des kommunistischen Konkurrenten, der eine abweichende Richtung vertritt, und erschütternd auch die Konsequenz: Der Faschist wie der Trotzkist werden liquidiert. Daß Djilas ein Schriftsteller von hohen Graden ist, beweist er auch in diesem Memoirenwerk, etwa dort, wo er die Natur, Berge und Täler seiner Heimat, beschreibt, oder dort, wo er von seinem größten menschlichen Erlebnis, von seiner Liebe zu Mitra berichtet, dem Mädchen, das seine Gefährtin wurde. Und wiederum erschreckend und erschütternd, wie selbst in diese Liebesbeziehung die Politik hineinspielt, wie etwa die sogenannte neue Sexualmoral der Kommunisten, ein Puritanis-mus von hohen Graden, um ein Haar den Sieg über das echte Gefühl davongetragen hätte. Insgesamt gesehen bietet „Der junge Revolutionär", die Lebenserinnerungen eines der bedeutendsten Politiker unserer Zeit, zugleich eine zutiefst ergreifende Entwicklungsgeschichte eines Menschen und darüber hinaus geradezu ein Lehrstück vom Werden und Aufbau einer kommunistischen Partei.
Der nächste Band — die Kriegsmemoiren (1941—1945) — erscheint im Jahre 1976.
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VERLAG FRITZ MOLDEN Vissza