Fülszöveg
Der geheimnisvolle, spukhafte Dämmer der Altstadt Prags, das Ghetto, ist Schauplatz dieser Traumphantasie, die deutlich machen soll, daß es neben der äußeren Welt eine unsichtbare gibt, die die sichtbare durchdringt und vielleicht die eigentliche, höhere Wirklichkeit ist.
Durch die Fülle der Gestalten, die dem Dichter in einem Traume begegnen, schwebt das Geheimnis um den Golem, jenen Homunkulus der jüdischen Kabbala, den Rabbi Low der Legende nach tun 1600 in Prag schuf und der angeblich immer noch in einem Räume ohne Zugang leben soll, um alle 30 fahre wieder aufzutauchen. »Nimm an, der Golem bedeute die Erweckung des Toten durch das innerste Geistesleben«, meint der Rabbiner Hillel zu Per-nath und fügt hinzu: »Jedes Ding auf Erden ist nichts als ein ewiges Symbol in Staub gekleidet.« Und der Golem ist ein tiefes Symbol: Denn so wie er wieder zu Lehm
wurde, als man ihm das magische Zahlenwort aus dem Munde nahm, das ihn zum Leben erweckt hatte, so müßten vielleicht auch...
Tovább
Fülszöveg
Der geheimnisvolle, spukhafte Dämmer der Altstadt Prags, das Ghetto, ist Schauplatz dieser Traumphantasie, die deutlich machen soll, daß es neben der äußeren Welt eine unsichtbare gibt, die die sichtbare durchdringt und vielleicht die eigentliche, höhere Wirklichkeit ist.
Durch die Fülle der Gestalten, die dem Dichter in einem Traume begegnen, schwebt das Geheimnis um den Golem, jenen Homunkulus der jüdischen Kabbala, den Rabbi Low der Legende nach tun 1600 in Prag schuf und der angeblich immer noch in einem Räume ohne Zugang leben soll, um alle 30 fahre wieder aufzutauchen. »Nimm an, der Golem bedeute die Erweckung des Toten durch das innerste Geistesleben«, meint der Rabbiner Hillel zu Per-nath und fügt hinzu: »Jedes Ding auf Erden ist nichts als ein ewiges Symbol in Staub gekleidet.« Und der Golem ist ein tiefes Symbol: Denn so wie er wieder zu Lehm
wurde, als man ihm das magische Zahlenwort aus dem Munde nahm, das ihn zum Leben erweckt hatte, so müßten vielleicht auch Menschen entseelt zusammenfallen, wenn man irgendeinen winzigen Begriff, ein nebensächliches Streben, eine zwecklose Gewohnheit in ihrem Hirne auslöschte, z. B. auch der Mensch Per-nath, als den sich der Dichter träumt und der einmal, ihm gegenübersitzend, im Golem das eigene Ich erkennt. Die zweite literarische Wirkung Meyrinks, die nach seiner unseligen Verdammung im Dritten Reich nun anhebt, wird vor allem vom »Golem« ausgehen, diesem großartigen Werk, das die alte Antinomie Schein-Sein in der Welt auf neue Weise ausdeutet und dabei tiefe Schichten im Geflecht der Zeit anrührt und aufdeckt. Mit Recht zählt ein so großer Kenner der Seele wie C. G. Jung Meyrink den visionären Gestaltern zu.
Vissza