Fülszöveg
Gern würde man dem Leser annoncieren, es seien in diesem Roman, der seinem Autor den Schlaf geraubt hat, Liebe, Leidenschaft, Tod, Satanismus, Seelenheil und Perversion - das Ganze unter den Palmen von Surabaya-Jim - miteinander verflochten. Doch leider ist die Sache komplexer.
Wenn es leicht war, den Namen der Rose als einen Roman zu definieren, dessen Handlung in sieben Tagen an einem begrenzten Ort und zu einer bestimmten Zeit spielte, so kommt man in Verlegenheit, soll man die Einheit von Zeit, Ort und Handlung in diesem Roman bestimmen. Er spielt in den Jahren von etwa 1970 bis 1984 in einem Mailänder Verlag und in einem Pariser Museum, wo das Foucaultsche Pendel pendelt, mit einem unerheblichen Intermezzo von einigen Jahren in Brasilien. Er spielt in der Zeit von 1943 bis 1945 in einem Städtchen in den piemontesischen Hügeln. Er spielt vom zweiten Jahrhundert nach Christus bis heute in den gewundenen Gängen des esoterischen und hermeneutischen Wissens. Er spielt von 1344...
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Fülszöveg
Gern würde man dem Leser annoncieren, es seien in diesem Roman, der seinem Autor den Schlaf geraubt hat, Liebe, Leidenschaft, Tod, Satanismus, Seelenheil und Perversion - das Ganze unter den Palmen von Surabaya-Jim - miteinander verflochten. Doch leider ist die Sache komplexer.
Wenn es leicht war, den Namen der Rose als einen Roman zu definieren, dessen Handlung in sieben Tagen an einem begrenzten Ort und zu einer bestimmten Zeit spielte, so kommt man in Verlegenheit, soll man die Einheit von Zeit, Ort und Handlung in diesem Roman bestimmen. Er spielt in den Jahren von etwa 1970 bis 1984 in einem Mailänder Verlag und in einem Pariser Museum, wo das Foucaultsche Pendel pendelt, mit einem unerheblichen Intermezzo von einigen Jahren in Brasilien. Er spielt in der Zeit von 1943 bis 1945 in einem Städtchen in den piemontesischen Hügeln. Er spielt vom zweiten Jahrhundert nach Christus bis heute in den gewundenen Gängen des esoterischen und hermeneutischen Wissens. Er spielt von 1344 bis zum Jahre 2000 auf den verschlungenen Pfaden des Welteroberungsplans der Tempelritter und Rosenkreuzer. Er spielt von Anfang bis (fast zum) Ende in der
Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1984, erst im Periskop, dann im Sockel der Freiheitsstatue im Conservatoire des Arts et Métiers zu Paris. Er spielt in der Nacht vom 26. auf den 27. Juni desselben Jahres in einem alten Landhaus, das Jacopo Belbo, der Protagonist, von seinem Onkel Carlo geerbt hat, während Pim, der andere Protagonist, sich die genannten Zeiten in Erinnerung ruft.
Zusammengefaßt: Drei Mailänder Verlagslektoren beschließen, nachdem sie zuviel Umgang mit Autoren »auf eigene Kosten« hatten, die sich an okkulten Wissenschaften, Geheimbünden und kosmischen Komplotten delektieren, aus reiner Spiel- und Spottlust (ohne jedes Verantwortungsgefühl) einen Großen Weltverschwörungsplan zu entwerfen. Doch jemand nimmt sie ernst.
Umberto Eco, geboren 1932 in Alessandria (Piémont), lebt in Mailand. Er ist Professor für Semiotik an der Universität Bologna und Verfasser zahlreicher Bücher, u.a. erschienen: Der Name der Rose ( 1982), Nachschrift zum Namen der Rose ( 1983), Über Gott und die Welt (Essaysund Glossen, 1985), Über Spiegel und andere Phänomene (1988).
Vissza