Fülszöveg
Jehuda Hailewis philosophisches Werk, das Buch
»al Chazari«, hebräisch gewöhnlich »Kuzari« genannt, trägt im arabischen Original den Titel »Buch der Begründung und des Beweises zur
Verteidigung des mißachteten Glaubens«. Im zehnten Jahrhundert war nach Spanien die Nachricht gedrungen, daß das in der Nähe des Kaspischen Meeres wohnende Volk der Chazaren das Judentum angenommen habe, nachdem einer seiner Könige sich durch Prüfung der islamischen, christlichen und jüdischen Religion von der Wahrheit des Judentums überzeugt hatte. Diese Bekehrungsgeschichte bildet den Rahmen des »Kuzari«. Nach einer kurzen Einleitung, in der nacheinander ein Philosoph, ein christlicher und ein mohammedanischer Gelehrter erfolglos ihren Standpunkt darlegen, geht er in einen längeren Dialog zwischen dem Chazarenkönig und einem jüdischen Gelehrten über, der bald zur Bekehrung des Königs führt, um ihn dann tiefer mit der jüdischen Lehre vertraut zu machen.
jehuda Hallewi verfaßte um 1140 das reli-
gionsphilosophische Werk »Kuzari«. Seiner
äußeren Form nach behandelt das Buch die
Bekehrung eines Chazarenkönigs (des
Königs von »Kuzar«) zum Judentum. Den an
seiner bisherigen Religion zweifelnden
Fürsten suchen, wie die Einleitung kurz dar-
stellt, ein Philosoph, ein christlicher und
ein mohammedanischer Gelehrter verge-
bens von der Wahrheit ihres religiösen
Standpunktes zu überzeugen. Dies gelingt
erst dem an letzter Stelle zu ihm berufenen
Lehrer des Judentums, der in eingehenden
Gesprächen den Inhalt der jüdischen Lehre
entwickelt. Der außerordentlich glücklich
gewählte inhaltliche Rahmen gibt die Mög-
lichkeit, das Judentum gegen alle damals
mit ihm rivalisierenden geistigen Mächte,
die positiven Religionen, Christentum und
islam, wie die Vernunftreligion der Philo-
sophen zur Geltung bringen.
Der Nachdruck der Polemik des Buches
liegt im Kampf gegen jene Übergriffe der
Philosophie auf das religiöse Gebiet, die
nach der Darstellung Jehuda Hallewis zu
vollkommener Gleichgültigkeit gegen alle
positive Religion und zur Entstehung einer
Vernunftreligion geführt haben, die in der
philosophischen Gotteserkenntnis den
wahren Weg zur Gemeinschaft mit Gott
sieht. Jehuda Hallewi bekämpft nicht die
Wissenschaft als solche, deren mathemati-
sche und naturwissenschaftliche Leistung
er vieffnehr voll anerkennt, sein Kampf rich-
tet sich nur gegen die Metaphysik, die er im
Anschluß an Ghasali, wenigstens in ihrer
geschichtlich vorliegenden Gestalt, als eine
Scheinwissenschaft zu deuten sucht. Die
Gewißheit der Religion ist nach ihm nicht
durch philosophische Argumentationen zu
begründen; sie ruht auf dem sicheren
Grunde der geschichtlich beglaubigten
Offenbarung. Der Sinn der Religion ist für
ihn nicht ein bloßes Wissen von Gott, son-
dem eine lebendige Gemeinschaft der
Seele mit Gott. Das psychologische Organ
zu ihr aber ist nicht, wie die Philosophen
lehren, der Intellekt, sondern eine eigene
»göttliche Kraft« der Seele, die nur Israel
verliehen ist. Sie ist außerdem nur möglich,
wo Gott selbst eine solche Gemeinschaft
stiftet; das Judentum ist nicht nur die allein
wahre, sondern die allein wirkliche.
Religion, d. h. die einzige, in der eine wirk-
liche Gemeinschaft Gottes mit den
Menschen besteht. Diese Gemeinschaft
wird freilich in äußerlich-dinglicher Form
beschrieben, an Naturbedingungen und an
bestimmte zeremoniale und kultische
Handlungen geknüpft. Aber es ist doch die
Besonderheit des religiösen Verhaltens
gegenüber der theoretischen Erkenntnis
tief und innerlich begriffen.
Zur Abwehr gegen philosophische An-
griffe hält Jehuda Hallewi aber auch eine
gedankliche Behandlung der religiösen
Fragen für zulässig, die den Nachweis zu
erbringen hat, daß die Religion nichts
Vernunftswidriges lehrt. Von diesem Stand-
punkt aus behandelt er eine Reihe religi-
onsphilosophischer Einzelfragen, mit
besonderer Ausführlichkeit die Lehre von
den Eigenschaften Gottes und schließt sich
hier den herrschenden philosophischen
Ansichten wesentlich näher an, als seine
grundsätzliche Kritik der Metaphysik ver-
muten läßt. Selbst seine Lehre von der
»göttlichen Kraft« der Seele, die sie zur
Gemeinschaft mit Gott befähigt, und von
den Bedingungen, die diese Anlage zur
Entfaltung bringen, ist ganz nach dem all-
gemeinen philosophischen Schema konzi-
piert, nach dem die Materie jeweils die
höchste Form in sich aufnimmt, zu deren
Aufnahme sie durch ihre Disposition und
die diese fördernden äußeren Bedingungen
befähigt ist.
Vissza