Fülszöveg
Christine Brückner, die mit ihren Poeni-chen-Romanen Fontanes Spuren folgte und zu literarischen Bestsellerehren kam, ist ungehalten. Es sind so viele berühmte Reden berühmter Mánner bekannt. Hatten Frauen denn nichts zu sagen? Oder wurde nur einfach nicht überliefert, was sie zu sagen hatten? Die Poetin aus dem Pfarrhaus im Waldeckschen, in deren Leben und Schreiben alle Facetten der Liebe dominie-ren, wollte diese kulturgeschichtliche Un-gerechtigkeit nicht auf sich beruhen lassen. Und so erfand sie in ihrem neuen Buch Reden für Frauengestalten aus altén Mythen, für Musen, Geliebte, Ehefrauen grofier Mánner in Literatur und Geschichte, wie sie nach allém, was wir von ihnen wis-sen, in dieser Weise hatten gehalten werden können. Dabei macht Christine Brückner aus ihren ungehaltenen Frauen nicht etwa nachtráglich moderne Souffragetten. Sie zeigt vielmehr, sich dicht an die Überliefe-rung haltend, dafi Schwáche oft nur als Schwáche erscheint und daft Frauen, wenn sie sich ins Leben...
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Christine Brückner, die mit ihren Poeni-chen-Romanen Fontanes Spuren folgte und zu literarischen Bestsellerehren kam, ist ungehalten. Es sind so viele berühmte Reden berühmter Mánner bekannt. Hatten Frauen denn nichts zu sagen? Oder wurde nur einfach nicht überliefert, was sie zu sagen hatten? Die Poetin aus dem Pfarrhaus im Waldeckschen, in deren Leben und Schreiben alle Facetten der Liebe dominie-ren, wollte diese kulturgeschichtliche Un-gerechtigkeit nicht auf sich beruhen lassen. Und so erfand sie in ihrem neuen Buch Reden für Frauengestalten aus altén Mythen, für Musen, Geliebte, Ehefrauen grofier Mánner in Literatur und Geschichte, wie sie nach allém, was wir von ihnen wis-sen, in dieser Weise hatten gehalten werden können. Dabei macht Christine Brückner aus ihren ungehaltenen Frauen nicht etwa nachtráglich moderne Souffragetten. Sie zeigt vielmehr, sich dicht an die Überliefe-rung haltend, dafi Schwáche oft nur als Schwáche erscheint und daft Frauen, wenn sie sich ins Leben mischen und gehört wür-den, stark und mutig sein und manches ver-hindern könnten — Kriege zum Beispiel oder Leben ohne Liebe. Es sind fiktive Reden der Klytámnestra an den toten Aga-memnon, der Christiane von Goethe an Frau von Stein, der Maria an Gott in der Wüste, der Katharina Luther am Tisch von Martinus, der Effi Briest an den tauben Hund Rollo. Bei aller Verzweiflung und Trauer, die manche Zunge der hier versam-melten Frauen lösen, wie die der pestkran-ken Donna Laura in ihrer Klage an den ent-flohenen Petrarca oder die der alternden Sappho beim Abschied von den Mádchen auf Lesbos, geben diese Texte Zeugnis von der S tár ke und moralischen Kraft der Frauen. Dabei ist es Christine Brückner mit ihrem »elementar en und intelligenten Erzáhltalent«, wie Joachim Günther in DIE
WELT schrieb, gelungen, jeder der von ihr entwickelten Frauengestalten die ihr eigene Sprache zu geben, am erschütterndsten in der Rede der Gudrun Ensslin gegen die Wánde der Stammheimer Zelle. Christine Brückner erweckt in diesen Prosatexten das Bewufítsein von der fried-lichen Macht der Frauen durch die Liebe — ein Buch, das aufsássig und wehmütig, lei-denschaftlich und zártlich ist und dabei von grofier Poesie.
Christine Brückner,
1921 in einem waldeckschen Pfarrhaus geboren, hat sich in dreizehn Berufen ver-sucht und in vielen Stádten gelebt, bis sie als freie Schriftstellerin, verheiratet mit Ottó Heinrich Kühner, in Kassel sefihaft wurde. Durch die Bestsellerromane »Jauche und Levkojen« und »Nirgendwo ist Poenichen« wurde sie einem grófién Leserkreis bekannt. Aufier weiteren Románén (u. a. »Das glückliche Buch der a.p.« und »Die Zeit danach«) schrieb sie Erzáhlungen, Hör-spiele und Theaterstücke. Sie ist Vizeprási-dentin des Deutschen PEN.
Vissza