Fülszöveg
Carl Spitzweg (1808-1885) ist, zumindest mit einigen seiner Werke, auch heute noch von einer beispiellosen Popularitát. Etwas sehr Deutsches verbindet sich mit seinem Namen: Innigkeit, die bis zum Spiefíbürgerhaften gehen kann, Humor, der das Leben scheinbar von der leichten Seite zu nehmen gelernt hat. Hier freilich beginnt schon das Unrecht. Ganz übersieht námlich das volks-tümliche Urteil über den Meister des Skurrilen die aufierordentliche malerische Qualitát dieser Bilder eines Autodidakten, der eines Tages sei-nen Apothekerberuf aufgab und Maler wurde. Und ganz übersieht man, dafl sein Humor, weit davon entfernt, das Lustige im Leben hervorzu-kehren, von Jean Paul'scher Hintergründigkeit ist. Das Menschenleben ist unzulánglich, Tragik und Komik sind nicht sáuberlich getrennt, das Erhabene, geht man einen Schritt zu weit, mün-det ins Lácherliche. Ein Menschenkenner ist hier am Werk. Sicherlich kein Rebell, kein Ankláger sozialer Mifístánde, aber ebenso gewifí keiner, der die...
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Fülszöveg
Carl Spitzweg (1808-1885) ist, zumindest mit einigen seiner Werke, auch heute noch von einer beispiellosen Popularitát. Etwas sehr Deutsches verbindet sich mit seinem Namen: Innigkeit, die bis zum Spiefíbürgerhaften gehen kann, Humor, der das Leben scheinbar von der leichten Seite zu nehmen gelernt hat. Hier freilich beginnt schon das Unrecht. Ganz übersieht námlich das volks-tümliche Urteil über den Meister des Skurrilen die aufierordentliche malerische Qualitát dieser Bilder eines Autodidakten, der eines Tages sei-nen Apothekerberuf aufgab und Maler wurde. Und ganz übersieht man, dafl sein Humor, weit davon entfernt, das Lustige im Leben hervorzu-kehren, von Jean Paul'scher Hintergründigkeit ist. Das Menschenleben ist unzulánglich, Tragik und Komik sind nicht sáuberlich getrennt, das Erhabene, geht man einen Schritt zu weit, mün-det ins Lácherliche. Ein Menschenkenner ist hier am Werk. Sicherlich kein Rebell, kein Ankláger sozialer Mifístánde, aber ebenso gewifí keiner, der die Dinge hinnimmt, wie sie sind. Unglück und Ungerechtigkeit, weifl Spitzweg, habén nicht nur soziale Ursachen, oft liegen sie im Menschen selbst begriindet. Aber indem der Maler ihn so, wie er ist, bildwürdig macht, erkennt er ihn auch an: mit seiner Unvollkom-menheit, Verkehrtheit, Schrulligkeit. So ist es nicht abwegig, dafi der Autor bisweilen den Bildern Spitzwegs Worte Arthur Schopenhauers leiht.
Das Buch will den Extrakt des Spitzweg'schen Werkes vor Augen führen; die Hauptwerke des Künstlers werden auf 40 Tafeln mit detaillierten Beschreibungen vorgestellt. Texte und Bildkom-mentare, nicht zuletzt auch die Verzeichnisse der abgebildeten Werke habén das Ziel, den Leser in die Vielschichtigkeit von Spitzwegs Schaffen ein-zuführen.
Die vorliegende Monographie ist das dritte Buch des Autors über Spitzweg. Bedeutet das erste (in DuMont's Neuer Kunst-Reihe, 1971) eine An-náherung an das Werk des populáren Münchner Malers, so ging das Taschenbuch von 1975 einer bestimmten Fragestellung nach und interpretier-te die Bildinhalte »gegen den Strich« neu und schárfer. Im dritten Buch lassen Bestátigung und Problematisierung ein Spannungsfeld entstehen, das Widersprüche nicht einebnet, sondern beim Namen nennt, um auf diese Weise Person und Werk, Umwelt und Zeit des grófién Künstlers zu treffen.
Jens Christian Jensen, geb. 1928 in Lübeck, studierte Kunstgeschichte, Archáologie und Kir-chengeschichte in Heidelberg und Mainz. Ku-stos am Kurpfálzischen Museum, 1. Vorsitzen-der des Heidelberger Kunstvereins. Seit 1971 ist er Direktor der Kunsthalle zu Kiel der Christian-Albrecht-Universitát. Seine Museumstátigkeit gilt seitdem vor allém Ausstellungen der Gegen-wartskunst und dem Aufbau einer Sammlung von Kunst unserer Zeit.
Vissza