Fülszöveg
Zum erstenmal wird in diesem
Band eine zusammenfassende
Darstellung der bildenden Kunst
der Biedermeierzeit in Österreich
gegeben. Das Biedermeier ist eine
echt österreichische Kunstrichtung.
In anderen Epochen fesselt der
Stil, die individuelle Leistung. Im
Biedermeier erzählt das Land von
sich selbst, die Kunst ist ein
Spiegelbild seines Wesens, seiner
Menschen uncl Naturschönheiten.
Nachdem Österreich sich in den
Napoleonischen Kriegen behauptet
hatte und von Wien aus die
Neuordnung Europas eingeleitet
worden war, folgte der heroisch-
klassischen Zeit eine bürgerlich-
romantische. Zwischen 1815 und
1860 vollzog sich die Konzentra-
tion auf die Urformen des mensch-
lichen Daseins: Familie und
Häuslichkeit. Der durch das poli-
tische System Metternichs in seiner
geistigen Freiheit eingeengte Bür-
ger wandte sich ganz dem Privaten
zu. Im schützenden Bereich seiner
Wände konnte der Einzelne sein
Eigensein behaupten, die Bedro-
hung des Daseins ertragen...
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Fülszöveg
Zum erstenmal wird in diesem
Band eine zusammenfassende
Darstellung der bildenden Kunst
der Biedermeierzeit in Österreich
gegeben. Das Biedermeier ist eine
echt österreichische Kunstrichtung.
In anderen Epochen fesselt der
Stil, die individuelle Leistung. Im
Biedermeier erzählt das Land von
sich selbst, die Kunst ist ein
Spiegelbild seines Wesens, seiner
Menschen uncl Naturschönheiten.
Nachdem Österreich sich in den
Napoleonischen Kriegen behauptet
hatte und von Wien aus die
Neuordnung Europas eingeleitet
worden war, folgte der heroisch-
klassischen Zeit eine bürgerlich-
romantische. Zwischen 1815 und
1860 vollzog sich die Konzentra-
tion auf die Urformen des mensch-
lichen Daseins: Familie und
Häuslichkeit. Der durch das poli-
tische System Metternichs in seiner
geistigen Freiheit eingeengte Bür-
ger wandte sich ganz dem Privaten
zu. Im schützenden Bereich seiner
Wände konnte der Einzelne sein
Eigensein behaupten, die Bedro-
hung des Daseins ertragen und ein
, Leben im humanen Sinne führen.
Dieses neue Weltbild offenbart sich
in der bildenden Kunst am reinsten
und vollkommensten in der Ma-
lerei. In ihr findet die bürgerliche
Existenz ihre künstlerische Ver-
klärung. Sittenbilder erzählen mit
warmherziger Treue vom kleinen
Alltag, Bildnisse voll intimer
Lebensnähe entstehen, und die Ent-
deckung der Landschaft bewirkt
ein neues Naturgefühl. Aber nicht
nur die großartige Fülle male-
rischer Leistungen rechtfertigt die
Bezeichnung „Goldenes Zeitalter",
auch die Kleinkünste erlebten
damals eine ungeahnte Blüte. Das
Mobiliar entsprach in seiner Soli-
dität und Formschönheit den An-
Sprüchen häuslicher Behaglichkeit,
und in neuen Möbeln — Vitrine
und Servante — wurden die
Schätze des Hauses zur Schau ge-
stellt : das Porzellan, das Silber, die
geschliffenen und bemalten Gläser,
die Nipp Sachen und die Geschenke
der Freundschaft und Erinnerung.
Auch der Hausrat war geschmack-
voll und gediegen. Die Blumen-
maler dekorierten das Porzellan
mit herrlichen Mustern und Bil-
dern, und die Silberschmiede
schufen Geräte von einmaligem
Zauber. Teppiche erhöhten die
Gemütlichkeit und Wärme der
Wohnung. Das künstlerische und
kunsthandwerkliche Schaffen stand
ganz im Dienste des Menschen und
seiner Umwelt und ist daher nur
im „Kleinen" groß gewesen. Im
„sanften Gesetz", das Adalbert
Stifter in der Führung des Men-
schengeschlechtes und in der
Natur als groß und bedeutsam
erkannte, hat der Geist der Bieder-
meierzeit seine poetische Verklä-
rung gefunden. Erst die Gegen-
wart, deren Generationen unter
ähnlichen Voraussetzungen zu
leben wissen, hat die Größe und
Tiefe dieser guten alten Zeit ver-
stehen gelernt.
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