Fülszöveg
Dieses Werk stellt die Quintessenz der Lebensarbeit des großen Aachener Soziologen, Philosophen und Anthropologen dar, dessen Schriften das moderne Denken bereits so weitgehend beeinflußt haben. Sein Werk stellt sich gleichberechtigt und unentbehrlich neben die berühmten Forschungen der spezifisch biologischen Verhaltenslehre, wobei eines ohne das andere in Zukunft nicht mehr zu denken sein wird.
Jedes menschliche Verhalten unterliegt doppelter Betrachtung: Es kann ebensogut mit biologischen Kategorien wie mittels geistiger Durcharbeitung als Phänomen der geschichtlichen Konstellation, als Produkt von Tradition und Zeitgeist, beschrieben werden. Der Zusammenhang zwischen beiden Ebenen wird gwlebt, aber nicht durchschaut: Was der eine Mensch als Haß gegen seinen Gegner aus ideologischen Gründen erlebt, ist für seinen Bruder ein simpler Aggressionsmechanismus. Die politisch und gesellschaftlich so hochaktuellen Fragen der Ethik sind infolgedessen ebenfalls auf zwei Ebenen...
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Fülszöveg
Dieses Werk stellt die Quintessenz der Lebensarbeit des großen Aachener Soziologen, Philosophen und Anthropologen dar, dessen Schriften das moderne Denken bereits so weitgehend beeinflußt haben. Sein Werk stellt sich gleichberechtigt und unentbehrlich neben die berühmten Forschungen der spezifisch biologischen Verhaltenslehre, wobei eines ohne das andere in Zukunft nicht mehr zu denken sein wird.
Jedes menschliche Verhalten unterliegt doppelter Betrachtung: Es kann ebensogut mit biologischen Kategorien wie mittels geistiger Durcharbeitung als Phänomen der geschichtlichen Konstellation, als Produkt von Tradition und Zeitgeist, beschrieben werden. Der Zusammenhang zwischen beiden Ebenen wird gwlebt, aber nicht durchschaut: Was der eine Mensch als Haß gegen seinen Gegner aus ideologischen Gründen erlebt, ist für seinen Bruder ein simpler Aggressionsmechanismus. Die politisch und gesellschaftlich so hochaktuellen Fragen der Ethik sind infolgedessen ebenfalls auf zwei Ebenen abzuhandeln. Diese Aufgabe hat sich Gehlen mit diesem Werk gestellt, das er nach immer wiederholten Versuchen als Ergebnis jahrzehntelanger Forschungen nunmehr vorlegt.
Er erörtert daher einerseits die Möglichkeit ethischer Neuorientierungen an historischen Beispielen - insbesondere des klassischen Griechentums - andererseits „physiologische Tugenden".
Das Buch zieht einen ethischen Pluralismus ans Licht, d. h. es behandelt die Tatsache, daß es mehrere voneinander funktionell wie genetisch unabhängige und letzte sozialregulative Instanzen im Menschen gibt.
Eine Ethik „aus einem Guß" ist immer eine kulturelle Stilisierung des Denkens, Fühlens und Verhaltens gewesen, plausibel aus einer kulturellen und politischen Lage heraus, eine überspannte Metapher der Wirklichkeit, wie die Kunst. Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist, wenigstens in der westlichen Welt, davon keine Rede, der Pluralismus mitsamt den darin mitgeborenen Krisen und Reibungen tritt deutlich ans Licht. Soziologisch gesehen gibt es daher miteinander streitende moralische Gruppierungen, darunter laute und stumme, mit gedruckten und ungedruckten Katechismen, offiziell akzeptierte und totgeschwiegene.
Aber normalerweise leben die Menschen in einem Durcheinander mittlerer Tugendhaftigkeit, von durchschnittlicher Redlichkeit bei einiger Toleranzbreite -das ist einer der Grundgedanken dieses Buches. Erst in Zeiten, da gewaltige Erschütterungen die Reflexion bis in extremste Positionen aufjagen, sucht man nach „reinen" Lösungen und findet - mehrere Quellen des Sollens, mehrere Fundamente der Moral, die miteinander unverträglich sind. Aber auf diesen Fundamenten entwickelt sich die „pluralistische" Ethik.
Vissza