Fülszöveg
Seghers hat die Vision des Dorfes, die Vision der sozialen Not in die Sprache des Lokalberichts übersetzt. Kein anklägerisches Pathos, keine Mitleidsdichtung. Ein Vorfall wird zu Protokoll genommen, eine Situation auf der Landkarte abgesteckt. Und dieser planmäßige, man möchte sagen: strategische Verlauf, mit dem die Ereignisse vorbereitet, entwickelt, ausgelöst werden, gibt dieser Novelle ihre strenge, ihre klassische Form. Ein neuer Erzähler, dessen Name überraschend auf dem Büchermarkt erschien, hat sich mit diesem kleinen Werk schlagend eingeführt. Wer ist Seghers? Seine Personalien sind überflüssig. Ihn legitimiert eine Leistung.
Hans Saht „Berliner Börsen-Courier" vom 11. 11. 1928
Inzwischen ist Anna Seghers mit dem Kleistpreis für das Jahr 1928 ausgezeichnet worden. Eine junge Erzählerin hat hier die verdiente Anerkennung für ein Werk gefunden, dessen strenge, einsame Gesinnung dem Geiste jenes Dichters, in dessen Namen diese Auszeichnung erfolgte, Heinrich v. Kleists,...
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Fülszöveg
Seghers hat die Vision des Dorfes, die Vision der sozialen Not in die Sprache des Lokalberichts übersetzt. Kein anklägerisches Pathos, keine Mitleidsdichtung. Ein Vorfall wird zu Protokoll genommen, eine Situation auf der Landkarte abgesteckt. Und dieser planmäßige, man möchte sagen: strategische Verlauf, mit dem die Ereignisse vorbereitet, entwickelt, ausgelöst werden, gibt dieser Novelle ihre strenge, ihre klassische Form. Ein neuer Erzähler, dessen Name überraschend auf dem Büchermarkt erschien, hat sich mit diesem kleinen Werk schlagend eingeführt. Wer ist Seghers? Seine Personalien sind überflüssig. Ihn legitimiert eine Leistung.
Hans Saht „Berliner Börsen-Courier" vom 11. 11. 1928
Inzwischen ist Anna Seghers mit dem Kleistpreis für das Jahr 1928 ausgezeichnet worden. Eine junge Erzählerin hat hier die verdiente Anerkennung für ein Werk gefunden, dessen strenge, einsame Gesinnung dem Geiste jenes Dichters, in dessen Namen diese Auszeichnung erfolgte, Heinrich v. Kleists, seltsam nah und verbunden erscheint.
Hans Sahl „Berliner Börsen-Courier" vom 22. 12. 1928
Das Buch „Die Gefährten" von Anna Segners ist eigentlich kein Roman, sondern eine Chronik. Eine Märtyrer-Chronik Dargestellt wird in ihr das Leben (und Sterben) vieler Frauen und Männer, die während der Nachkriegszeit die Träger der revolutionären Bewegung gewesen sind. Ungarn, Polen, Italiener, Bulgaren, Chinesen: der Zug der Helden erstreckt sich von Land zu Land. Uberall aber sind ihre Schicksale gleich. Sie werden verfolgt, gemartert, in die Gefängnisse geworfen; sie führen auch in der Emigration das Dasein von Kämpfern. Wer aktiv für die Sache der Revolution eintritt, nimmt in der Regel nicht sich selber wichtig, sondern die Sache. Es ist daher gut zu verstehen, daß die Taten und mehr noch die Leiden der Revolutionäre verhältnismäßig selten widerspiegelt werden. Anna Seghers hat keine Mühe gescheut, um diesen Lebensläufen bis in den Alltag hinein nachzuspüren
Siegfried Kracauer „Frankfurter Zeitung und Handelsblatt"
vom 13. 11. 1932
Vissza