Fülszöveg
Alzheimer-Patienten
erkennen und behandeln
i
Die Alzheimer-Krankheit unter Einbezie-hung der klinisch und pathologisch identischen senilen Demenz ist die am weitesten verbreitete und gleichzeitig schwerwiegendste unter allén organisch bedingten psychischen Störungen. In Lándern mit einer hohen Lebenserwar-tung ist sie zu einem der háufigsten psychischen Gesundheitsprobleme überhaupt geworden und damit zu einer Herausforderung nicht nur für die Medizin, sondern für uns alle.
Zahlreiche wichtige neuropathologische, molekularbiologische und genetische Erkenntnisse der letzten Jahre habén zwar die Ursachen der Alzheimer-Krank-heit zum Teil bereits aufdecken können. Sie lassen hoffen, dalS in nicht allzu fer-ner Zukunft die Rátsel ihrer Entstehung gelöst sein werden. Davon wird die Ent-wicklung einer kausalen Therapie, viel-leicht sogar einer Vorbeugung, maftgeb-lich abhangen. Bisher ist die im Gehirn ablaufende Degeneration von Nervenzel-len nicht zu beeinflussen.
Die heute...
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Alzheimer-Patienten
erkennen und behandeln
i
Die Alzheimer-Krankheit unter Einbezie-hung der klinisch und pathologisch identischen senilen Demenz ist die am weitesten verbreitete und gleichzeitig schwerwiegendste unter allén organisch bedingten psychischen Störungen. In Lándern mit einer hohen Lebenserwar-tung ist sie zu einem der háufigsten psychischen Gesundheitsprobleme überhaupt geworden und damit zu einer Herausforderung nicht nur für die Medizin, sondern für uns alle.
Zahlreiche wichtige neuropathologische, molekularbiologische und genetische Erkenntnisse der letzten Jahre habén zwar die Ursachen der Alzheimer-Krank-heit zum Teil bereits aufdecken können. Sie lassen hoffen, dalS in nicht allzu fer-ner Zukunft die Rátsel ihrer Entstehung gelöst sein werden. Davon wird die Ent-wicklung einer kausalen Therapie, viel-leicht sogar einer Vorbeugung, maftgeb-lich abhangen. Bisher ist die im Gehirn ablaufende Degeneration von Nervenzel-len nicht zu beeinflussen.
Die heute verfügbaren pharmakologi-schen Möglichkeiten sind lediglich dazu in der Lage, bei einem Teil der Patienten eine bescheidene symptomatische Bes-serung herbeizuführen. Sie greifen nicht an den primáren pathologischen Vorgán-gen der Alzheimer-Krankheit an, wirken jedoch auf pathogenetische Mechanis-men ein, die am Zustandekommen der Krankheitssymptome beteiligt sind. Die ersten Medikamente, die auf diesem Weg eine Steigerung der Hirnleistung erreichten, waren in den siebziger Jahren die unspezifischen neuronalen Stoff-wechselaktivatoren, die Nootropika. Ihre Wirksamkeit ist in den letzten Jahren unter strengen Prüfbedingungen erneut unter Beweis gestellt worden.
Ebensowenig auf die primaren pathologischen Vorgánge der Alzheimer-Krankheit bezogen, aber in etwa gleichem Umfang wirksam, sind die Kalziumantagonisten. Ihr hauptsáchliches Wirkprinzip ist die Zellprotektion durch Hemmung des Kalziumeinstroms unter ungünstigen energetischen Bedingungen.
Als neue Medikamenten-Generation darf man die Cholinesteraseblocker bezeich-nen. Auch ihr pharmakologischer Mechanismus bezieht sich nicht auf den Kernprozeli der Krankheit. Die Cholinesteraseblocker gleichen den Mangel an einem Neurotransmitter teilweise aus und restituieren damit partiell eine we-sentliche biochemische Voraussetzung aller höheren psychischen Funktionen. Die Therapie mit Cholinesteraseblockern stellt damit eine Analogie zu der erfolg-reichen Behandlung der Parkinson-Krank-heit mit L-Dopa dar.
Wegen der viel komplexeren Transmitter-störungen bei der Alzheimer-Krankheit darf man aber keine therapeutischen Resultate in der gleichen GröRenordnung erwarten.
Bei allén heute zur Verfügung stehenden Medikamenten zur Hirnleistungssteige-rung werden die Behandlungsergebnisse manchmal für den Patienten, für seine Angehörigen und für den Arzt unbefriedi-gend sein. Sicher fallen sie aber um so besser aus, je früher die Behandlung ein-setzt. Deswegen kommt es fürjeden Arzt darauf an, die Alzheimer-Krankheit schon an ihrem Beginn zu erkennen. Die nicht-medikamentösen Behandlungs- und Hilfsmöglichkeiten werden weiterhin eine grolSe Bedeutung behalten.
Das Erscheinen dieses Buches falit in eine Zeit des Übergangs. Die traditionelle Gedankenverbindung „Alzheimer-Krankheit - nicht behandelbar" hat ihre Gültig-keit verloren. Aber noch kann die Wis-senschaft die Hoffnung auf eine an den Wurzeln des Krankheitsprozesses angrei-fende, schwere Leistungseinschránkun-gen verhindernde und den geistigen Verfall aufhaltende Behandlung nicht erfüllen. In dieser Übergangszeit muíS jeder Arzt die Alzheimer-Krankheit, die Möglichkeiten der Behandlung, ihre Begründung und ihre Grenzen genau kennen, wenn er für seine Patienten das Bestmögliche erreichen will. Dabei will dieses Buch helfen.
Vissza