Fülszöveg
Peter Hacks (geb. 1928), Dramatiker, Dichter, Essayist, schreibt über seine Komödie „Adam und Eva":
„Das große Bild vom Sündenfall war schon für Hegel das beste am ganzen Christentum. Es birst von Dialektik. Der Verfasser will einiges von dem zeigen, was es zeigt. Er weiß wohl, daß große Bilder nicht dazu da sind, gedeutet zu werden, aber schließlich hat er sich ja auf angemessenere Weise mit ihm zu schaffen gemacht.
Es zeigt die Undenkbarkeit eines vollkommenen Zustands. Ein vollkommener Zustand wäre mit Notwendigkeit einer, der auch sein Gegenteil in sich enthielte: ein solcher würde aber das Bedürfnis haben, sich zu bewegen. Daher gehört Bewegung zum Höheren zur Vollkommenheit; daher gehört Unvollkommenheit zur Vollkommenheit. Eine vollkommene Bewegung geht zu denken, nicht ein vollkommener Zustand. Das Paradies, sagt der Jahvist, ist zu. Es zeigt die Freiheit als Entfremdung und aber auch die Entfremdung als Freiheit. Die Freiheit zum Guten kann von der zum Bösen nicht...
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Fülszöveg
Peter Hacks (geb. 1928), Dramatiker, Dichter, Essayist, schreibt über seine Komödie „Adam und Eva":
„Das große Bild vom Sündenfall war schon für Hegel das beste am ganzen Christentum. Es birst von Dialektik. Der Verfasser will einiges von dem zeigen, was es zeigt. Er weiß wohl, daß große Bilder nicht dazu da sind, gedeutet zu werden, aber schließlich hat er sich ja auf angemessenere Weise mit ihm zu schaffen gemacht.
Es zeigt die Undenkbarkeit eines vollkommenen Zustands. Ein vollkommener Zustand wäre mit Notwendigkeit einer, der auch sein Gegenteil in sich enthielte: ein solcher würde aber das Bedürfnis haben, sich zu bewegen. Daher gehört Bewegung zum Höheren zur Vollkommenheit; daher gehört Unvollkommenheit zur Vollkommenheit. Eine vollkommene Bewegung geht zu denken, nicht ein vollkommener Zustand. Das Paradies, sagt der Jahvist, ist zu. Es zeigt die Freiheit als Entfremdung und aber auch die Entfremdung als Freiheit. Die Freiheit zum Guten kann von der zum Bösen nicht getrennt werden; Freiheit ist die Möglichkeit, einen Weltzustand um eines neueren willen zu verlassen, und die Gerechtigkeit, die sie diesem widerfahren läßt, ist zugleich die Ungerechtigkeit, die sie jenem antut. Haben Adam und Eva richtig oder falsch gehandelt? Sie haben gehandelt. Ist Gott mit ihnen unzufrieden? Es ist so schwer zu sagen; er schimpft, aber er macht ihnen Hosen.
Sobald wir, im Denken oder Tun, in die wirkliche Welt eintreten, betreten wir das Reich, wo es dialektisch hergeht. Die Paradiesgeschichte, dieses große Bild vom Anfang des Menschen, ist vom Verfasser ausgelegt worden als das große komische Bild vom Betreten der wirklichen Welt."
Angeregt durch die von Peter Hacks geschriebene Komödie vom Sündenfall, hat der halle-sche Maler Albert Ebert seine Vorstellungen vom Paradies in 14 farbigen Lithographien verewigt. Durch seine der Fabel folgenden bildnerischen Deutungen ist es ihm gelungen, der Komödie eine weitere Dimension hinzuzufügen. Eberts Lithographien zeigen den Künstler in einer kaum noch zu überbietenden Reife seines Werks. Text und Bildtafeln sind so zu einer Einheit geworden, die den Widerspruch in sich nicht ausschließt.
Vissza