Fülszöveg
1848 versuchten die osteuropáischen Völker, ihre Autonomie in einem Impérium zu gewinnen, das sie als Fremdherrschaft empfanden. 1989/90 scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Freiheitssehnsucht und nationale Streitigkeiten prágen das neu entstandene Bild. Die umfassend-prázise Studie des prominenten ungarischen Historikers lieíert einen Beitrag zum Verstándnis dieser Vorgánge. Sie zeichnet ein Bild des Sturmjahres aus dem Blickwinkel jener Nationen, die aufs neue ihre Identitát suchen, und zeigt damit auf beeindruckende Weise, wie das Érbe der Vergangenheit bis heute weiterwirkt. 3 20,-Ft
Das Sturmjahr 1848 lebt im österreichischen GeschichtsbewuBtsein als eine Reihe von Wiener Bildern weiter: Adolf Fischhof in der Herrengasse, umjubelt von Bürgern und Studenten; Metternich, der sich bei Nacht und Nebel aus der Residenz stiehlt; Barrikadenkámpfe in den StraBen, niedergeknüppelte Arbeiter im Práter; Kriegsminister Latour, vor seinem Amtssitz an einer Laterne baumelnd - und...
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Fülszöveg
1848 versuchten die osteuropáischen Völker, ihre Autonomie in einem Impérium zu gewinnen, das sie als Fremdherrschaft empfanden. 1989/90 scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Freiheitssehnsucht und nationale Streitigkeiten prágen das neu entstandene Bild. Die umfassend-prázise Studie des prominenten ungarischen Historikers lieíert einen Beitrag zum Verstándnis dieser Vorgánge. Sie zeichnet ein Bild des Sturmjahres aus dem Blickwinkel jener Nationen, die aufs neue ihre Identitát suchen, und zeigt damit auf beeindruckende Weise, wie das Érbe der Vergangenheit bis heute weiterwirkt. 3 20,-Ft
Das Sturmjahr 1848 lebt im österreichischen GeschichtsbewuBtsein als eine Reihe von Wiener Bildern weiter: Adolf Fischhof in der Herrengasse, umjubelt von Bürgern und Studenten; Metternich, der sich bei Nacht und Nebel aus der Residenz stiehlt; Barrikadenkámpfe in den StraBen, niedergeknüppelte Arbeiter im Práter; Kriegsminister Latour, vor seinem Amtssitz an einer Laterne baumelnd - und schlieBlich das bittere Ende, die Truppén der Besatzungsgenerále Windischgrátz und Jellacic. Über diesen eindrucksvollen Veduten wird leicht vergessen, daB die Revolution von 1848 das gesamte Gebiet der Monarchie erschütterte. Alle Völker waren auf unterschiedliche Weise betroffen, und ihre jeweils separate Erinnerung daran hat nicht unwesentlich zu ihrer nationalen Identitátsfindung beigetragen. Für die Ungarn etwa bedeutete sie den verzweifelten Versuch, sich aus dem Verband des Reiches loszureiBen, für den Tschechen Frantisek Palacky hingegen die Möglichkeit, dem immer máchtiger werdenden russischen Reich eine Art mythisches Österreichertum entgegenzusetzen; die deutschsprachigen Intellektuellen trugen schwarz-rotgoldene Kokarden und fühlten sich eins mit den Liberalen der Frankfurter Paulskirche, wáhrend die Ruthenen, Slowaken, Kroaten, Serben versuchten, ihre oft anderssprachigen Herren loszuwerden und die Italiener von einem geeinten Italien tráumten. Allén gemeinsam aber war das Verlangen nach einer Verfassung, nach der Befreiung von den Resten mittelalterlicher Standesordnung und Feudalitát, nach Presse- und Versammlungsfreiheit. Auf frappante Weise áhneln die Eréig - nisse von 1848 den Vorgángen im heutigen Osteuropa. Das Sturmjahr hat aber auch ein anderes, bitteres, Érbe hinterlassenj das noch die rumánische Revolu-
tion von 1989 prágte: Die Samen nationaler Streitigkeiten, die 1848 gesát wurden, tragen etwa in Siebenbürgen nach wie vor Früchte. 1848 bildete den grófién Durchbruch in der bürgerlichen Umgestaltung des Habsburgerreiches und legte zugleich den Keim für dessen Zerfall. Es bleibt zu hoffen, dafi das Érbe der Freiheitssehnsucht, die in dieser Revolution zum Ausdruck kam, stárker sein wird als jenes der nationalen Eigensucht und des blinden Chauvinismus. Der prominente ungarische Historiker Emil Niederhauser hat mit seiner genauen und umfassenden Studie nicht nur eine prázise Darstellung und Deutung der 48er Revolution geliefert, sondern auch einen Ansatzpunkt gezeigt, die Geschichte einmal aus dem Blickwinkel jener Nationen zu betrachten, denen die Doppelmonarchie keine nostalgisch verklárte Erinnerung, sondern mehr oder weniger drückend empfundene Fremdherrschaft war. Dr. Emil Niederhauser, geboren 1923 in Bratislava. Studium in Bratislava und Budapest (Geschichte, ungarische und russische Sprache und Literatur). Der Autor ist wissenschaftlicher Ratgeber des Instituts für Geschichtswissenschaften der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und Professor für allgemeine Geschichte an der Universitát Debrecen. Wichtige Veröffentlichungen: „Die Aufhebung der Leibeigenschaft in Osteuropa", Budapest 1962; „Halbinsel im Aufruhr. Geschichte des Balkans im 19.-20. Jahrhundert", Budapest 1972; „Die Bewegungen der nationalen Wiedergeburt in Osteuropa", Budapest 1977; „Die Habsburger", Budapest - Wien 1983.
Vissza